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Verbot von islamistischer Bewegung wird geprüft

Peter Philipp24. Januar 2006

Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über ein Betätigungsverbot der islamistischen Bewegung "Hizb a-Tahrir al Islami", der "Islamischen Befreiungspartei". Im Nahen und Mittleren Osten ist sie bereits verboten.

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Muss entscheiden: Das Bundesverwaltungsgericht in LeipzigBild: AP

Die Bewegung ist auch unter dem Namen "Hizb ut-Tahrir" bekannt, sehr weit verbreitet und wurde im Jahr 2003 durch das Bundesinnenministerium verboten. Gegen dieses Betätigungsverbot hat die Bewegung Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht eingereicht. Das Gericht hatte das Verbot per schriftlichem Gerichtsbescheid bereits im August 2005 bestätigt, musste aber auf Antrag der "Hizb a-Tahrir" jetzt eine mündliche Verhandlung ansetzen und auch mündlich Stellung nehmen. Mit großer Wahrscheinlichkeit fällt am Mittwoch (25.1.2006) das Urteil vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Wer gründete "Hizb a-Tahrir al Islami"

Der Gründer der "Hizb a-Tahrir al Islami" ("Islamische Befreiungspartei"), Taqi-Eddin A-Nabhani, stammt aus der Nähe der Hafenstadt Haifa und begann nach einem Studium in Kairo seine Laufbahn im islamischen Justizwesen des britischen Mandats in Palästina. Mit der Unabhängigkeit Israels musste er kurz nach Beirut fliehen, kehrte dann aber nach Jordanien zurück, das damals die Kontrolle über Ostjerusalem und das Westjordanland ausübte. Nabhani wurde Richter am islamischen Gericht in Jerusalem und Lehrbeauftragter am islamischen Kolleg in Amman.

Die islamistische Organisation Hizb a-Tahrir von Schily verboten
Auf einer internationalen Konferenz von 'Hizb a-Tahrir' in London 2002Bild: AP

Während seiner Studienzeit hatte er sich der Moslembruderschaft angeschlossen. In Jordanien wurde er zusehends kritischer gegenüber dieser Organisation, bis er 1952 mit ihr brach und in Jerusalem die "Partei der Befreiung" - "Hizb a-Tahrir" oder auch "Hizb ut-Tahrir" - gründete. Die Gruppe predigte eine militante Linie gegen Israel, gegen den Westen und verstand sich - ähnlich wie das Vorbild der Moslembrüder - als pan-arabische Kraft, deren Ziel es ist, Staaten, Regime und Grenzen aufzuheben und das "Kalifat" wiederherzustellen, unter dem die arabische Welt vereint und ohne fremden Einfluss leben könnte.

Weit verbreitet, fast überall verboten

Solche Thesen brachten Nabhani bald in Konflikt mit dem jordanischen Königshaus: Er wurde verhaftet und floh 1953 über Syrien in den Libanon, wo er - in Beirut - 1979 starb. Seine Ideen und die von ihm gegründete Organisation überlebten Nabhani, obwohl "Hisb a-Tahrir" inzwischen in allen Staaten des Nahen und Mittleren Osten verboten ist. Wie auch in den Zentralasiatischen Republiken, wo sie in den vergangenen Jahren besonders stark wurde. Allein in Usbekistan soll die Bewegung 10.000 Anhänger haben. Ein guter Teil von ihnen ist - wie auch in Kirgisien und Tadschikistan - von den Behörden festgenommen und inhaftiert.

Die Bewegung kann nicht als Partei im herkömmlichen Sinne des Wortes verstanden werden. Vielmehr besteht sie aus konspirativen, gleichwohl aber straff geführten Gruppen ohne erkennbares Oberhaupt, aber meistens lokal angeführt von Intellektuellen oder Religionsgelehrten. Was die Gruppen von Usbekistan bis nach Indonesien und von Rabat bis Hamburg vereint, das ist in erster Linie Feindschaft und Ablehnung gegenüber den Vereinigten Staaten sowie gegenüber Israel, das als Vorposten der USA in der islamischen Welt abgelehnt wird.

Anti-jüdische Hetze

Deutsche Verfassungsschützer zitieren aus den Schriften der "Hizb a-Tahrir", wie diese den Vers 191 aus der Sure "Al Baqara" zu anti-jüdischer Hetze missbrauchen: Im Koran heißt es - nicht auf Juden bezogen, sondern auf Feinde der Religion: "Und tötet sie, wo immer ihr auf sie stoßt, und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben". "Hizb a-Tahrir" ergänzt und erläutert aber: "Die Juden sind ein Volk der Lügner, ein Volk des Verrats, das Abkommen und Verträge bricht." Solche Thesen haben gerade die deutschen Behörden alarmiert und man begann bereits vor Jahren, die Aktivitäten der "Partei" zu beobachten, die besonders an deutschen Hochschulen in Erscheinung trat. Daneben versuchte sie auch, Fuß zu fassen in der türkisch-islamistischen Milli-Görüs-Bewegung.

Am 10. Januar 2003 verbot der damalige Bundesinnenminister Otto Schily die Hizb a-Tahrir mit der Begründung, sie arbeite gegen den Gedanken der Völkerverständigung und verbreitete anti-jüdische Vorurteile im Gewand anti-israelischer Propaganda. Die Aktivitäten der Bewegung konnten damit aber nicht völlig gestoppt werden: Immer wieder tauchen Flugblätter und auch mehrsprachige Publikationen auf. Die von Spenden lebende Gruppe hat offensichtlich nicht vor, ihre Tätigkeit einzustellen. Vermutlich auch dann nicht, wenn sie vom Gericht verboten werden sollte.