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Verdünnter "Cuba Libre"

Ali Akinci28. Juli 2003

Vor zehn Jahren leitete Fidel Castro erste Schritte zur Liberalisierung der kubanischen Wirtschaft ein. Mit gemischten Ergebnissen: Die Wirtschaft wächst, aber die Kluft zwischen Arm und Reich wird ebenfalls größer.

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Dollar ja, Kapitalismus nein: Kubas "maximo lider" Fidel CastroBild: AP

Durch den Zusammenbruch des Ostblocks und die Auflösung der Sowjetunion geriet Kuba 1989 in eine akute wirtschaftliche Krise. Daraufhin verkündete Staatschef Fidel Castro am 26. Juli 1993 Wirtschaftsreformen: Der Dollarbesitz wurde legalisiert, um mehr dringend benötigte Devisen ins Land zu bekommen. Auch selbstständige Arbeit wurde zugelassen, um die Arbeitslosigkeit einzudämmen.

Die Maßnahmen zeigten Wirkung: Trotz Beibehaltung des zentral gelenkten Wirtschaftssystems stieg das Bruttoinlandsprodukt zumindest nach den vorliegenden Zahlen seit 1995. Die Legalisierung des Dollars und eine begrenzte Liberalisierung gaben Bergbau, Telekommunikation und Tourismus deutlich Auftrieb. Besonders der Fremdenverkehr als bedeutender Devisenbringer des Landes, aber auch der Export der wichtigsten Rohstoffe der Insel, Zucker, Nickel, Tabak sowie Fischereiprodukte profitierten von der neuen Politik.

Exil-Kubaner als Stütze der Wirtschaft

Als eine Folge der Reformen wurden ausgerechnet die Exil-Kubaner zu einer Stütze des verhassten kommunistischen Systems. Denn weil der Dollarbesitz nun legal war, konnten sie ihren Verwandten auf der Insel Geld schicken. Diese Transfers bilden inzwischen mit geschätzten 800 Millionen Dollar pro Jahr die wichtigste Devisenquelle Kubas.

Die Konsequenz: Inzwischen gibt es in Havanna vollverglaste Einkaufszentren, wie man sie früher nur aus kapitalistischen Ländern kannte. Die Preise sind allerdings sehr hoch – bezahlt wird in Dollar. Wer in Kuba nur Pesos hat - wie die große Mehrheit der Bevölkerung - leidet weiter Not. Denn mit der Dollarfreigabe vergrößerten sich auch das soziale und wirtschaftliche Ungleichgewicht in der Bevölkerung.

Kubanische Flüchtlinge in Spanien
Exil-Kubaner in SpanienBild: AP

Chancen und Hindernisse

Die heutige Wirtschaftspolitik Kubas ist einerseits geprägt durch staatliche Kontrolle, einen Mangel an Kapital, Technologie und Know-how. Verschärft werden diese Hemmnisse durch das US-Handelsembargo gegen den Inselstaat. Andererseits bietet die allmählich voranschreitende Liberalisierung und die marktwirtschaftliche Öffnung attraktive Chancen für ausländische Investoren. Denn der Aufbau- und Modernisierungsbedarf der kubanischen Wirtschaft ist weiterhin gewaltig.

Grundsätzlich jedoch verfügt das Land aufgrund seiner natürlichen Ressourcen und gut ausgebildeter Fachkräfte über das Potenzial, eine für den lateinamerikanischen Kontinent überdurchschnittliche Wachstumsdynamik zu erreichen. Das Dauerproblem Devisenmangel versucht die Regierung verstärkt auch durch ausländische Investitionen anzugehen. Allerdings sind Geldanlagen und Unternehmensgründungen nur in Form von Gemeinschaftsunternehmen (Joint Ventures) mit kubanischen Staatsunternehmen möglich – ein Hindernis für potentielle Investoren.

Im Vergleich zu Spanien, Italien, Großbritannien und Frankreich sind deutsche Investoren bislang zurückhaltend mit Engagements auf Kuba. Doch das könnte sich möglicherweise in Zukunft ändern: Denn die Bundesregierung betreibt eine vorsichtige Öffnung bei den Hermes-Bürgschaften für Kuba. Diese Absicherung könnte es deutschen Anlegern künftig leichter machen, auf Kuba zu investieren.

Spannungen zwischen Kuba und EU

Doch die Feiern am vergangenen Samstag (26.7.2003) zum 50. Jahrestages des Beginns der kubanischen Revolution werden europäischer Investoren nicht gerade ermutigen. Staatschef Fidel Castro nutze die Feierlichkeiten zu heftiger Kritik an der Europäischen Union. Kuba lehne künftig humanitäre Hilfe der EU ab, sagte Castro am bei einer Festrede in Santiago de Cuba. Sein Land werde nur noch Hilfen von regierungsunabhängigen Organisationen annehmen, die keine politischen Bedingungen stellten.

Die EU bedauerte in einer Erklärung die Rede Castros. Brüssel werde das kubanische Volk jedoch weiter unterstützen. Die Union hatte Anfang Juni ihre politischen und kulturellen Kontakte zu Kuba wegen "neuer Menschenrechtsverletzungen" auf der Karibik-Insel eingeschränkt und eine Neubewertung ihrer Beziehungen zu der Regierung Castros angekündigt. Im Jahr 2002 waren im EU-Haushalt 15 bis 20 Millionen Euro für Kuba vorgesehen, ausgezahlt wurden aber nur 400.000 Euro.