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Bürokratieabbau in der EU

19. Februar 2007

Die EU-Staaten wollen zwar grundsätzlich die Gesetzesflut eindämmen. Auf nationale Zielvorgaben zum Abbau der Bürokratie wollen sie sich aber vorerst nicht einlassen.

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Hand füllt Fragebogen aus
Zu viele Paragrafen: Die EU geht gegen ihre eigenen Gesetze vorBild: BilderBox

Bei Beratungen in Brüssel begrüßten am Montag (19.2.2007) die EU-Wettbewerbsminister zwar das Ziel der Kommission, Gesetzesvorschriften zu entschlacken und so den Verwaltungsaufwand bis 2012 um 25 Prozent zu reduzieren. Eine entsprechende Zielsetzung auf nationaler Ebene lehnten die meisten Länder aber ab. Der deutsche Industriekommissar Günter Verheugen (SPD) will in einem Kraftakt zahlreiche EU-Vorschriften streichen und so vor allem die Bürokratiekosten für Unternehmen senken. Nach seinen Berechnungen bringt dies 150 Milliarden Euro zusätzlich an Wirtschaftsleistung. Auf dem Ratsgipfel am 8./9. März sollen die EU-Staats- und Regierungschefs Teile seiner Pläne auf den Weg bringen.

Verheugen verwies in Brüssel darauf, dass die mit EU-Gesetzesvorschriften verbundenen Bürokratiekosten zu einem großen Teil durch die Umsetzung der EU-Vorgaben auf nationaler Ebene entstünden. Ohne Mitwirkung der EU-Staaten sei eine Verminderung des Verwaltungsaufwands um 25 Prozent daher nicht möglich.

Unterschiedliche Ausgangspositionen

Zu einer Verringerung der Bürokratiekosten um 25 Prozent bekannten sich außer der deutschen EU-Ratspräsidentschaft lediglich Österreich, Großbritannien, Schweden und die Niederlande. Spanien, Italien, Griechenland und die meisten kleineren EU-Staaten betonten hingegen, die Formulierung nationaler Zielvorgaben müsse den Regierungen überlassen werden. "Wir haben unterschiedliche Ausgangspositionen", erklärte etwa der irische Wirtschaftsminister Micheál Martin. Sein estnischer Kollege Edgar Savisaar verwies darauf, dass der Rechtsrahmen seines Landes, das 1991 seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion erklärte, überhaupt erst 15 Jahre alt sei.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CDU), der die Sitzung als Vertreter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft leitete, unterstützte Verheugen. "Wir wollen, dass 25 Prozent Bürokratie reduziert wird", erklärte Glos. Nach Berechnungen der EU-Kommission könnte durch eine Verminderung der Bürokratiekosten um 25 Prozent ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent des europäischen Bruttosozialprodukts erreicht werden.

Bis 2008 nationalen Verwaltungsaufwand messen

EU-Industriekommissar Günter Verheugen
Ehrgeizige Pläne: EU-Industriekommissar Günter VerheugenBild: AP

Verheugen betonte zwar, die 25 Prozent seien lediglich "als Orientierungsgröße" zu verstehen. Es sei nie seine Absicht gewesen, diese Zahl als verbindliches Ziel für alle Mitgliedstaaten festzulegen. Der Industriekommissar beharrte jedoch auf dem Zeitplan, den er den EU-Regierungen vorgeschlagen hat: Bis Ende 2008 sollen alle EU-Staaten den Verwaltungsaufwand im eigenen Land messen und Ziele zur Verringerung der Bürokratiekosten festlegen. Die Vertreter von Polen, Lettland, Litauen und Malta erklärten in der Debatte, dieser Zeitplan sei zu ehrgeizig.

Nach Ansicht Verheugens sind vor allem die nationalen Finanzressorts gefragt: "Ein Großteil der nationalen Regelungen, die sehr viel Bürokratie und Papierkrieg für Unternehmen bedeuten, liegt in der Verantwortung der Finanzminister", sagte er in Brüssel. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) bezweifel allerdings, dass tatsächlich Kosten im Umfang von 25 Prozent eingespart werden könnten.

Sozial- und Umweltstandards sollen unberührt bleiben

Verheugen strebt den Bürokratie-Abbau für zehn Bereiche vorgelegt, in denen seinen Angaben zufolge 1,3 Milliarden Euro Verwaltungskosten eingespart werden könnten. Es gehe ihm darum, "Berichtspflichten, Statistikpflichten, Papierkrieg zu verringern und auf diese Weise Unternehmen zu entlasten", sagte der deutsche EU-Kommissar. "Das wird dazu führen, dass mehr investiert werden kann in Forschung, Entwicklung, Bildung und Ausbildung, das wird mehr Arbeitsplätze schaffen." Die hohen Sozial- und Umweltstandards in Europa sollten bei der Vereinfachung der Vorschriften nicht angetastet werden, betonte Verheugen. (tos)