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Verjüngungskur für Moskaus Bolschoj-Theater

Stephan Hille, Moskau28. Juni 2005

Kein anderes Theater leistet sich so viel Personal wie Moskaus Bolschoj-Theater. Wegen seiner starken Baufälligkeit soll es nun renoviert werden. In drei Jahren will es mit kleinerer Truppe neu an den Start gehen.

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"Bolschoj" bedeutet im Russischen "groß", oder auch "bedeutend". Das Bolschoj-Theater ist Russlands erste Adresse für Oper und Ballett, doch jetzt wird die traditionsreiche Bühne für mindestens drei Jahre geschlossen. Das seit Jahren schon sanierungsbedürftige Opernhaus wird nun für umgerechnet rund 800 Millionen Euro endlich rundum erneuert.

Stephan Hille

Majestetisch steht das klassizistisch gehaltene Gebäude mit seinem Säulenportal auf dem Theaterplatz mitten, im Herzen von Moskau. Im Jahr 1776 gegründet, 1825 fertig gestellt und seit 1856 architektonisch mehr oder weniger unverändert, steht das ehrwürdige Bolschoj-Theater nur ein paar Hundert Meter vom Kreml entfernt.

Im Schatten St. Petersburgs

Zu Zeiten der letzten Zaren, als das imperiale St. Petersburg Hauptstadt des Russischen Reiches war, stand das Moskauer Bolschoj-Theater etwas im Schatten des nicht weniger berühmten St. Petersburger Marinskij-Theaters. Doch mit der Rückverlegung der Hauptstadt an die Moskwa wurde das Bolschoj nach der Oktoberrevolution wieder zur klaren Nummer 1 für Ballet und Oper. Noch immer prangen auf dem grauen Vorhang Hammer und Sichel.

Bereits in den achtziger Jahren sollte das ehrwürdige Bühnenhaus renoviert werden, doch dafür reichten die Mittel nicht. Dann kam der Zusammenbruch der Sowjetunion und in den folgenden turbulenten Jahren fiel die bereits dringend erforderlich gewordene Renovierung auf der Prioritätenliste weit zurück.

"Lebensgefährlich"

Als Folge verschlimmerte sich der Zustand des altehrwürdigen Hauses immer mehr. Holzwände hinter der Bühne verrotten allmählich, die Elektrizität stammt noch aus den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts.

Inzwischen lässt sich die lang erwartete Renovierung nicht mehr verschieben. "Der Zustand des Gebäudes ist lebensgefährlich, wir können nicht mehr länger warten", erklärte kürzlich Theater-Manager und Generaldirektor Anatoli Iksanow. Aus Sicherheitsgründen und allein schon wegen des mangelnden Brandschutzes hätte das Theater längst geschlossen werden müssen.

Kündigungen

Doch nun also ist es soweit: Am 1. Juli schließt das "Bolschoj" für voraussichtlich drei Jahre. Im März 2008 soll Russlands wichtigste Opern- und Ballettbühne in neuem Glanz erstrahlen. Allerdings auch mit reduziertem Personal. Denn mit insgesamt rund 3000 Mitarbeitern, darunter etwa 900 Künstler, Musiker und Tänzer leistet sich das Bolschoj weltweit das meiste Personal. Theaterdirektor Iksanow hat bereits angedeutet, dass es zu drastischen Personaleinsparungen keine Alternative gebe. Schließlich entfielen wegen der Renovierung für mindestens drei Jahre ein Großteil der Einnahmen.

Zwar wurde extra eine Ersatzbühne in einem benachbarten Haus am Theaterplatz gebaut und bereits vor zwei Jahren eingeweiht. Doch sowohl die Bühne als auch der Zuschauerraum der Filiale sind deutlich kleiner als im Hauptgebäude.

Nun wird es eng. Denn der Neubau bleibt auch weiter noch ein Refugium für eine andere Bühne samt Ensemble. Ende Mai, kurz vor dem Abschluss der zweijährigen Renovierung, hat ein Großfeuer Bühne und Zuschauerraum des Stanislawski-Musiktheaters - der Nummer 2 in Moskau nach dem Bolschoj-Theater - völlig zerstört.