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Verkörperung des Aufschwungs

Klaus Dahmann3. Dezember 2002

Bei der Stichwahl um das Präsidenten-Amt am 1.12.02 in Slowenien ist Janez Drnovsek als Sieger hervorgegangen. Er verkörpert den Aufschwung Slowenien wie kein anderer. Ein Kommentar von Klaus Dahmann.

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Mit rund 56 Prozent der Stimmen überflügelte der langjährige liberaldemokratische Ministerpräsident Janez Drnovsek die unabhängige Gegenkandidatin Barbara Brezigar. Drnovsek löst den populären Milan Kucan ab, der nach zwei
Amtsperioden nicht mehr kandidieren konnte. Die Amts-Übergabe ist für den 23. Dezember geplant.

Barbara Brezigar hatte es wahrlich schwer gegen Janez Drnovsek: Zwar konnte sie auf die Unterstützung konservativer Parteien und der oppositionellen Sozialdemokraten zählen und in der ersten Wahlrunde einen Achtungserfolg erzielen. Doch am Ende reichte es es nicht.

Kein Wunder: Wie kein zweiter slowenischer Politiker steht Drnovsek für den fulminanten Aufstieg des Landes aus der sozialistischen Vergangenheit in eine demokratische, wirtschaftlich gesunde und westlich angebundene Zukunft.

Drnovsek war es, der, als Slobodan Milosevic nach der Unabhängigkeitserklärung Sloweniens 1991 die Panzer rollen ließ, den Rückzug der jugoslawischen Volksarmee nach nur zehn Tagen erreichte. Das war wichtig, wenn nicht gar entscheidend für den anstehenden Transformationsprozess.

Drnovsek war es, der im folgenden Jahrzehnt - mit nur kurzer Unterbrechung - als Ministerpräsident das Land auf den Erfolgsweg brachte: Slowenien steht als einziger Nachfolge-Staat des ehemaligen Jugoslawien auf der Liste der Beitrittsländer von NATO und EU. Die NATO hat bereits Ja gesagt, die EU wird in wenigen Tagen grünes Licht geben.

Denn unter dem erfahrenen Ökonomen Drnovsek hat das Land einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt, der sich nicht nur im Vergleich mit anderen Transformationsstaaten sondern sogar mit einigen EU-Mitgliedern sehen lassen kann: Slowenien hat mit seiner Wirtschaftskraft Länder wie Portugal oder Griechenland bereits überflügelt. Mittlerweile treten die Slowenen gar in Serbien - der noch vor zehn Jahren mächtigsten Teilrepublik Jugoslawiens - als finanzkräftige Investoren auf.

Mit der Wahl Drnovseks geht gleichzeitig eine Ära zu Ende: die Ära Milan Kucan. Der Ex-Kommunist hatte dieses Amt seit zehn Jahren inne und muss nun verfassungsgemäß ausscheiden. Kucan genießt zwar, seitdem er 1991 mutig die Unabhängigkeit des Landes proklamierte, nach wie vor große Popularität. Doch haftet ihm der Schatten seiner sozialistischen Vergangenheit an. Das Ende der Ära Kucan bedeutet also auch den Abschied von der alten Nomenklatura.

Denn Drnovsek tritt ohne diesen Schatten an: Er kam Anfang der 1990er Jahre als "Nobody" in die Politik - und hat die Wähler als zielstrebiger und sachlicher Reformer überzeugt. Als professioneller und erfolgreicher Politiker eben, den man in fast allen anderen Nachfolge-Staaten Ex-Jugoslawiens schon mit der Lupe suchen muss.

Das stetige Credo der Slowenen, sie seien keinesfalls Balkan - mit allen negativen Konnotationen, die diesen Begriff belastet - dieses Credo findet sich in der Person Janez Drnovsek bestätigt.