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Verlorene, gesuchte und gefundene Liebe

27. Januar 2005

"Vom Suchen und Finden der Liebe" heißt der neue Film von Helmut Dietl. Aber eine fast noch wichtigere Rolle spielt das Verlieren der Liebe.

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Sängerin auf der Suche nach Liebe: Schauspielerin Alexandra Maria LaraBild: Constantin Film

Auch in Dietls Gesellschaftssatiren "Schtonk", "Rossini" und "Late Show" funkelten schon Drama, Melancholie und Sehnsucht als Gegenpole zu beißendem Witz. Nun sind die Gewichte anders verteilt: Die Sache mit der Liebe ist dem 60-jährigen Perfektionisten so ernst, dass er sie nicht mehr satirisch bloß stellt, sondern Grundmuster und Klischees mit dem Orpheus-Mythos der griechischen Klassik kombiniert. Die Liebe überwindet die Grenze des Todes - natürlich nicht ganz ohne Komik und Hintersinn. Aber das ist nicht das Hauptanliegen des Drehbuchs, das Dietl wieder mit dem Autor Patrick Süßkind gemeinsam verfasst hat.

Schmerzhafte Trennung

Szenenbild Von Suchen und finden der Liebe
Rolle im Film: Anke EngelkeBild: Constantin Film

Die große Liebe haben der Komponist Mimi Nachtigall (Moritz Bleibtreu) und die junge Sängerin Venus Morgenstern (Alexandra Maria Lara) gefunden. Er arbeitet mit ihr und an ihr und macht sie mit seinen Chansons zum Star. Das perfekte Paar? Nein, endlose Streitereien gipfeln in einer öffentlichen Trennungsszene auf der Bühne. Venus sucht sich einen weniger anspruchsvollen Freund. Mimi sucht den Tod. In der griechischen Ferienvilla von Theo (Uwe Ochsenknecht) nimmt er sich das Leben.

Vorbei ist damit freilich lange nichts. Dietl wagt das Experiment und entfernt sich vom sicheren Terrain der Realwelt. Ein finsterer Fährmann setzt Mimi über in eine digital erschaffene Unterwelt. In diesem mythologischen Kinohades kümmert sich Hermes (Heino Ferch) um den Unglücklichen und buhlt um dessen Zuneigung. Und auch Venus erkennt, dass sie ohne Mimi nicht leben will. Wie Orpheus, der seiner Eurydike in die Schattenwelt folgte, steigt sie ins triste Totenreich hinab und befreit Mimi. Auf dem Rückweg durch duftige Wolken gilt für beide jedoch wie in der griechischen Sage: Schaut nicht zurück!

Filmische Romantik mit Realitätsbezug

Das ist der ernsthaft romantische Part der Geschichte. Bezüge zum wirklichen Leben sind durchaus gewünscht. Moritz Bleibtreu sieht mit Bart und langen Haaren aus wie sein Regisseur in jung. Und hatte Dietl nicht selbst mit Veronica Ferres eine Liebesbeziehung, in der er sie formte und berühmt machte, worauf sie ihn verließ?

Szenenbild Von Suchen und finden der Liebe
Findet das Paar die Liebe?Bild: Constantin Film

Feine Satire haben die Randgeschichten zu bieten: Uwe Ochsenknecht und Anke Engelke brillieren als unglücklich-entfremdetes Paar, das den raren Sex per Terminkalender plant. Engelke landet sogar mit ihrem Late-Night-Vorgänger und -Nachfolger Harald Schmidt zu Therapiezwecken im Bett. Justus von Dohnanyi spielt einen unkultivierten Musikproduzenten als naiv-geschäftstüchtige Dieter-Bohlen-Karikatur. Heino Ferch, der seriöse Held des deutschen Films, verwirrt als wandlungsfähiger Hermaphrodit mit knackigen Brüsten unter der güldenen Lockenpracht.

Gefühl, Intelligenz, Humor und durchgestylte Bilder, garniert mit Opernmusik von Gluck und Chansons von Dietl/Süßkind: "Vom Suchen und Finden der Liebe" unterhält und geht zu Herzen. Fans des "alten" Helmut Dietl werden die gnadenlose Leichtigkeit vermissen, mit der er zuvor die schicken Cliquen in München und anderswo aufs Korn genommen hat. Da wünscht man sich doch als nächsten Film ein Melodram über Rudolph Moshammer. (mik)