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Vermittler zwischen Verlag und Buchhandlung

5. Oktober 2010

Wie kommen die Bücher eigentlich auf den Ladentisch? Wohl kaum eine Buchhandlung hätte Platz für alle der rund 80.000 Neuerscheinungen im Jahr - bei der Auswahl der Titel helfen den Buchhändlern die Verlagsvertreter.

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Ein Buchhändler stapelt bei den Vorbereitungen zur Buchmesse in Frankfurt am Main Bücher (Foto: AP/Michael Probst).
Bild: AP

Konzentriert blättern Buchhändlerin Christiane Schulz-Rother und Verlagsvertreterin Dagmar Matthiesen durch die Vorschau eines Verlages. Hier verhandeln zwei, die tagtäglich mit Lesern und deren Vorlieben zu tun haben. Und die sich schon seit vielen Jahren kennen. Zweimal im Jahr stellt Dagmar Matthiesen in der "Bücherstube" in Berlin-Tegel Verlagsprogramme vor. Sie ist offizielle Vertreterin von fünf verschiedenen Verlagen. In ihrer Tasche finden sich Vorschauen sowohl vom großen Piper-Verlag, als auch vom kleinen Sachbuchverlag Christoph Links.

Dagmar Matthiesen ist seit 1987 Verlagsvertreterin. "Ich frage mich ja auch immer, ob es irgendwann langweilig wird, aber es wird tatsächlich nie langweilig. Die Stoffe sind ja immer anders und ich bin ja außer den Lektoren eine der Ersten, die den Stoff liest. Das ist schon klasse", sagt Matthiesen.

Sie gibt aber auch zu, dass man für ihren Beruf zusätzlich noch "Lust auf Autofahren, Menschen und Entertainment" haben muss. Denn in erster Linie ist Matthiesen ja Vertreterin und muss psychologisches Geschick beweisen, damit ein Verkaufsgespräch glückt. Rund 250 Buchhandlungen betreut sie, nicht nur in Berlin, sondern auch im Bundesland Brandenburg - da kommen jährlich mehrere Tausend Kilometer zusammen.

Vertreter mit Insider-Wissen

Wichtig für ein gutes Verkaufsgespräch ist, dass Matthiesen sich auf den jeweiligen Schwerpunkt der Buchhandlung einstellt. In einer Krimibuchhandlung würde sie beispielsweise nur bedingt Kinderbücher vorstellen. Außerdem muss sie genau wissen, wovon sie spricht und was sie verkauft. Deshalb liest sie so viele Neuerscheinungen wie möglich.

Ein Kunde steht hinter einem Bücherstapel in einer großen Buchhandlung in Berlin (Foto: dpa).
Wer die Wahl hat ...Bild: dpa

Zusätzlich lädt jeder Verlag sie noch zu sogenannten Vertreterkonferenzen ein. Hier geben die Vertreter Rückmeldung und die Verlage besprechen ihre geplanten Marketingstrategien. Diese Briefings sind besonders wichtig für die späteren Beratungsgespräche mit den Buchhändlern. "Die Informationen, die wir haben, stehen natürlich nicht in den Vorschauen: Was beispielsweise die jeweilige Bewerbung der Bücher betrifft oder geplante Fernsehauftritte der Autoren", erklärt Matthiesen.

Fast alle Verlagsvertreter in Deutschland sind Freiberufler und arbeiten für mehrere Verlage gleichzeitig. Zwar bekommen die Buchhandlungen die Vorschauen für jede Buchsaison auch per Post geschickt und können per Telefon oder Internet bestellen - viele Buchhandlungen nutzen dies auch verstärkt. Gleichzeitig gibt es aber immer noch genügend Buchhändler, die das persönliche Gespräch und vor allem die professionelle Beratung schätzen. Wie gut oder schlecht so ein Gespräch läuft, zeigt sich auf dem Konto der Verlagsvertreter, denn sie arbeiten rein auf Provisionsbasis. Das heißt: ihr Einkommen berechnet sich anhand der durch sie verkauften Bücher.

Konkurrenz durch Buchhandels-Riesen

Christiane Schulz-Rother überlegt gemeinsam mit Vertreterin Matthiesen ganz genau, wie viele Bücher sie von den einzelnen Titeln im besten Fall verkaufen könnte. Ihre "Tegeler Bücherstube" hat schon einiges durchgemacht. Gegründet kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, war der Buchladen in einer Einkaufsstraße eigentlich ein sicheres Geschäft - bis vor einigen Jahren eine große Buchhandelskette in unmittelbare Nachbarschaft zog. Der Umsatz der "Tegeler Bücherstube" sank daraufhin um 15 Prozent. Doch das Geschäft hat überlebt, dank Stammkundschaft und einer Spezialisierung auf Kinder- und Jugendbücher.

Eine Kundin schmöckert in einer Berliner Buchhandlung vor einem vollen Bücherregal in einem Roman von Stephen King(Foto: dpa).
... hat die QualBild: dpa


Die Buchhandels-Riesen, die in den vergangenen Jahren in jeder größeren deutschen Fußgängerzone eröffnet haben, sind auch für Verlagsvertreter ein Problem. Denn die Buchhandelsketten haben ihre eigenen Verkaufskriterien und bestellen als Großkonzern oftmals direkt beim Verlag, ohne den Umweg Verlagsvertreter.

"Immer wieder wird diskutiert, ob wir abgeschafft werden oder wie lange es uns noch geben wird", sagt Dagmar Matthiesen. "Dass es einen Wandel auf dem Buchmarkt geben würde, haben wir schon vorausgesehen. Aber nicht, wie schnell dieser Wandel tatsächlich ist." Zusätzlich zu den großen Buchhandelsketten ist auch der Verkauf im Internet enorm angestiegen. "Das ist schon eine richtig starke Konkurrenz", sagt Matthiesen. Denn auch Buchverkäufe im Internet kommen gänzlich ohne die Beratungsgespräche mit einem Verlagsvertreter aus.

Autorin: Nadine Wojcik

Redaktion: Klaus Gehrke