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Vermittlungsversuch aus Ottawa

Michael Knigge26. Februar 2003

Die kanadische Regierung hat sich mit einem Kompromisspapier in die Irak-Debatte im UN-Sicherheitsrat eingeschaltet. Der Vorschlag sieht eine Frist bis zum 28. März vor. Experten beurteilen das Papier zurückhaltend.

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Helfer in der Not: Kanadas Ministerpräsident Jean ChrétienBild: AP

Mit dem am Dienstag (25.2.2003) vorgelegten Kompromissvorschlag will Kanada Bewegung in die verhärteten Fronten im Weltsicherheitsrat bringen. In dem Papier werden eine Reihe von Prüfmarken gesetzt, die der Irak erfüllen solle, sagten Diplomaten. Zudem wird UN-Chefinspekteur Hans Blix aufgefordert, bis Freitag (28.2.2003) sämtliche offenen Fragen an den Irak zu formulieren. Die UN-Inspektoren sollten dann bis zum 28. März mitteilen, ob der Irak alle UN-Auflagen erfüllt habe. Daran anschließend solle der Sicherheitsrat abstimmen, ob das Hussein-Regime seinen Verpflichtungen nachkommt oder nicht. Kanada ist derzeit nicht Mitglied in dem UN-Gremium.

Schaden abwenden

Der kanadische Ministerpräsident Jean Chrétien sagte laut Medienberichten, es schade den Vereinten Nationen, wenn in dieser Frage keine Einigkeit gefunden werde. Ob der kanadische Vorschlag erfolgreich sein werde, vermöge er nicht zu sagen.

Im Weltsicherheitsrat fordern Frankreich, Russland, China und Deutschland mehr Zeit für die UN-Inspekteure im Irak. Dagegen haben die USA und Großbritannien einen neuen Resolutionsentwurf im UN-Sicherheitsrat vorgelegt, der einen Krieg gegen den Irak autorisieren soll.

Verhaltene Reaktion

In ersten Reaktionen im UN-Sicherheitsrat wurde der kanadische Kompromissvorschlag verhalten aufgenommen. Aus Kreisen von Sicherheitsratsmitgliedern, die sich noch nicht auf eine Linie im Irak-Konflikt festgelegt haben, verlautete, sieben oder acht Staaten im Rat wollten einen Kompromiss. Von den zehn nicht-ständigen Mitgliedern unterstützen gegenwärtig Spanien und Bulgarien die Haltung der USA und Großbritanniens, während außer Deutschland auch Syrien gegen eine neue Resolution ist. Angola, Kamerun, Pakistan, Guinea, Chile und Mexiko gelten als unentschieden.

Von DW-WORLD befragte Nordamerika-Experten beurteilten das Kompromisspapier ebenfalls zurückhaltend. "Es kann gut sein, dass sich die USA auf eine längere Frist einlassen, aber ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass sie ihre Interventionspläne deswegen plötzlich fallen lassen", sagte Knud Krakau. Er ist Historiker an Freien Universität Berlin und ein intimer Kenner der US-Außenpolitik. "Mein Eindruck ist, dass sich die USA zu einer militärischen Lösung des Konflikts entschieden haben und es nur noch geringen Spielraum gibt." Allerdings könnten die Vereinigten Staaten als Demonstration des guten Willens, einer weiteren Fristverlängerung im Sinne des kanadischen Vorschlags zustimmen, erläuterte Krakau.

Frage des Willens

Helmut Hubel, Professor für Außenpolitik an der Universität Jena, sieht dagegen keine Chance für eine amerikanische Zustimmung zum kanadischen Vorschlag für eine Fristverlängerung. "Die Amerikaner und die Briten haben sich festgelegt und wollen keine weitere Verlängerung." Großbritanniens Premierminister Tony Blair habe die britisch-amerikanische Position erst am Dienstag (25.2.2003) nochmals deutlich gemacht. "Es ist keine Frage der Zeit, es ist eine Frage des Willens, ob Saddam Hussein zur Abrüstung bereit ist."

Der Vorschlag der Kanadier ist Hubel zufolge im Hinblick auf die Zukunft der NATO zu betrachten. Das NATO-Mitglied Kanada mache sich angesichts der Krise des Bündnisses wegen der Hilfe für die Türkei berechtigte Sorge um die Zukunft der NATO. Mit dem Kompromissvorschlag versuche Kanada die Wogen nun wieder etwas zu glätten.