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Verschärfter Dissens

Bernd Gräßler6. Februar 2003

Die Powell-Rede vor dem Sicherheitsrat zum Thema Irak stößt in Deutschland auf ein geteiltes Echo. Die Regierung sieht keinen Bedarf, ihren strikten Anti-Kriegs-Kurs zu ändern. Die Opposition fordert genau dies.

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Geistige Nähe?

Die Rede von US-Außenminister Colin Powell im UNO-Sicherheitsrat hat die Meinungsunterschiede zwischen Regierung und Opposition in Deutschland über das Vorgehen gegen den Irak verschärft. Die Vorsitzende der oppositionellen Christdemokraten, Angela Merkel, forderte den sozialdemokratischen Bundeskanzler Gerhard Schröder auf, in der kommenden Woche eine Regierungserklärung im Bundestag abzugeben. Außerdem bat sie Schröder in einem Brief, seine strikte Ablehnung militärischer Zwangsmaßnahmen gegen den Irak zu überdenken. Schließlich gehe es darum, der Bedrohung des Irak eine Drohkulisse entgegenzusetzen.

"Druck auf Saddam muss verstärkt werden"

Auch andere Oppositionspolitiker sprachen von schlagenden Beweisen für die Unglaubwürdigkeit des Irak. Der frühere CDU-Vorsitzende und außenpolitische Experte Wolfgang Schäuble sagte, zwar beinhalteten Powells Anschuldigungen "nicht das ganz sensationell Neue". Aber es gehe ja nicht darum, den Irak mit der Atombombe in der Hand zu ertappen, sondern darum, dass der Irak die Resolutionen des Sicherheitsrat nicht erfülle.

Der Chef der oppositionellen Liberalen, Guido Westerwelle, kritisierte ebenfalls den Irak-Kurs der Bundesregierung. Nach seiner Meinund steht die Bundesregierung im Augenblick da wie ein Statist in der Weltpolitik. "Anstatt dass man den Druck von Saddam Hussein nimmt, muss man ihn verstärken", so Westerwelle

"Kein Grund zur Änderung der Haltung"

Dagegen sehen Politiker der rot-grünen Koalition nach der Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates in New York keinen Anlass zur Positionsänderung. In Abwesenheit von Außenminister Joschka Fischer, der inzwischen von New York nach Rom gereist ist und am Freitag (7.2.) vom Papst empfangen wird, fielen die offiziellen Kommentare in Berlin bisher allerdings eher knapp aus. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler, erklärte, er sehe "keinen zwingenden Grund" für eine Änderung der deutschen Haltung im Irak-Konflikt.

Auch der Koalitionspartner der Sozialdemokraten, die Grünen, stehen zur Kanzler-Linie. Der Grünen-Verteidigungsexperte Winfried Nachtweih erkennt in Powells New Yorker Rede keine neuen zwingenden Beweise für einen Krieg - sondern er sieht darin einen Anlass, die Arbeit der Inspekteure im Irak fortzusetzen.

Mit Spannung erwartet: Donald Rumsfeld

Der US-Botschafter in Berlin, Daniel Coats, machte der Bundesregierung in einem Zeitungsinterview am Donnerstag (6.2.) schwere Vorwürfe wegen ihrer Haltung. Sie habe gemeinsam mit Frankreich den Abrüstungsdruck von Saddam Hussein genommen. Der Widerstand aus Paris und Berlin habe die Wahrscheinlichkeit einer Militärintervention im Irak erst erhöht. In den USA seien ernste Zweifel aufgekommen, ob Deutschland noch ein verlässlicher Partner ist.

Mit Spannung wird in Berlin auch das geplante Vier-Augen-Gespräch zwischen dem deutschen Verteidigungsminister Peter Struck und seinem US-Kollegen Donald Rumsfeld am Wochenende (7.-9.2.) auf der Münchner Sicherheitskonferenz erwartet. Rumsfeld hatte nach Agenturberichten vor dem US-Kongress Deutschland in einem Atemzug mit Libyen und Kuba genannt - und zwar als jene Staaten, die in der Irak-Frage weder einen US-Angriff noch den Wiederaufbau des Landes nach einem Krieg unterstützen würden.