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Verseuchte US-Schiffe in Europa

12. November 2003

Jedes Jahr werden Hunderte Wracks verseuchter Kriegsschiffe entsorgt - vor allem in Südostasien. Jetzt sollen 13 US-Schiffe ihre letzte Reise antreten. Das Ziel: Großbritannien.

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Zwei der US-Schiffe auf dem Weg durch den ÄrmelkanalBild: AP

Der Deal schien für alle ein Gewinn zu sein. 13 ausgediente amerikanische Kriegsschiffe sollte die englische Entsorungsfirma Able UK im Auftrag der amerikanischen Marineverwaltung entsorgen. Dafür wollten die US-Behörden 14,8 Millionen Dollar (13 Millionen Euro) bezahlen, 200 neue Arbeitsplätze hätten im nordostenglischen Hartlepool, dem Sitz von Able UK, entstehen können.

Doch die Wirklichkeit sieht anders aus: Die Schiffe sind verseucht mit Schweröl, Asbest und anderen giftigen Substanzen. Umweltorganisationen laufen Sturm, selbst das Oberste Zivilgericht wurde eingeschaltet. Wenn heute die ersten beiden Schiffe der Flotte in Ostengland einlaufen, ist ihre Zukunft mehr als ungewiss.

Kriegsveteranen auf Halde

US Giftschiff auf dem Weg nach Großbritannien
Mehr als 6.000 km unterwegs: eines der ausgedienten US-KriegsschiffeBild: AP

Die ausgedienten Kriegsschiffe mit Zielhafen England sind Teil einer Flotte von mehr als 70 Schiffen, die zum Teil schon seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr im Betrieb sind. Seitdem liegen sie im amerikanischen James River im US-Bundesstaat Virginia und rosten still vor sich hin. Im vergangenen Monat sind die ersten zwei der rostigen Riesen namens Canopus und Caloosahatchee von der amerikanischen Ostküste aus in See gestochen – auf ihre 6.400 km lange Reise Richtung England.

Der "Abfalleimer Amerikas"

Umweltschutzorganisationen wie "Friends of the Earth", aber auch Privatpersonen ließen nichts unversucht, um die Entsorgung der Schiffe in einem englischen Hafen zu verhindern. Sie verklagten das Entsorgungsunternehmen Able UK vor dem Obersten Gericht. Am vergangenen Donnerstag das Urteil: Die Arbeit an den Schiffen darf gar nicht erst beginnen. Zwei Tage später ordnete die britische Umweltministerin Margaret Beckett an, dass die Schiffe in die Vereinigten Staaten zurückkehren müssen. Das kann allerdings erst im nächsten Jahr geschehen, deshalb sollen sie in britischen Gewässern überwintern.

Eine Entscheidung, die Umweltschützer scharf kritisierten. Ihrer Meinung nach hätten die Schiffe Amerika gar nicht erst verlassen dürfen. "Ich bin sicher, dass die US-Behörden entzückt sein werden, dass Großbritannien dazu bereit ist, zum Mülleimer Amerikas zu werden - egal, wie hoch das Umweltrisiko ist", sagte Tony Juniper, Direktor von "Friends of the Earth".

Spezialisten am Werk

Die britische Entsorgungsfirma Able UK versteht die ganze Aufregung nicht. Ein Unternehmenssprecher betonte, die Mitarbeiter seien darauf spezialisiert, Schiffe mit chemischen Überresten wie Asbest und anderen krebserregenden Stoffen zu entsorgen. Es sei besser und sicherer, Spezialisten mit einer solchen Aufgabe zu beauftragen. Statt neue Arbeitsplätze zu schaffen, verliere Able UK nach dem Gerichtsurteil vom vergangenen Donnerstag jede Woche 220.000 Pfund (320.000 Euro).

Gefährliche Alternative

Wenn die amerikanischen Schiffe nicht in England entsorgt werden, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie den international üblichen Weg gehen: Meist landen die unerwünschten Wracks in Dritte-Welt-Ländern oder in Südostasien, wo die Arbeitsstandards weniger hoch und Umweltbestimmungen nicht so streng sind. Dort werden die Schiffe dann von oft ungelernten Arbeitern unter erheblichen Risiken auseinandergebaut.

Bei diesem internationalen Geschäft sind die USA aber nicht der einzige Bösewicht, betonte ein Greenpeace-Sprecher gegenüber DW-WORLD: "Großbritannien scheint in diesem Fall ein Opfer zu sein. Aber gleichzeitig ist es einer der größten Exporteure von Kriegsschiffe und giftigen Abfällen – vor allem in Ländern wie Indien und China." (na)