1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Versiert und pragmatisch

Ellen Schuster2. Januar 2002

Am 1. Januar 2002 erfüllt sich die wichtigste Mission Ernst Weltekes: Denn schon seit vielen Jahren legt sich der Bundesbankpräsident für den Euro in Zeug. Ein Portrait des obersten Hüters der D-Mark.

https://p.dw.com/p/1Xsm
Der Euro-Mann: Ernst Welteke

Als Ernst Welteke im September 1999 sein Amt als Präsident der Deutschen Bundesbank in Frankfurt antrat, war er in der Finanzmetropole am Main schon lange kein Unbekannter mehr. Aufgewachsen im hessischen Korbach, begann er seine Karriere 1972 als Mitarbeiter im persönlichen Büro des damaligen hessischen Ministerpräsidenten Albert Osswald. 1974 rückte Welteke als SPD-Abgeordneter in den Hessischen Landtag ein, dem er ohne Unterbrechung bis 1995 angehörte, zeitweise auch als Fraktionsvorsitzender. Anschließend "rackerte er sich nach oben", wie es die Süddeutsche Zeitung einmal formulierte.

Seine Bestellung zum hessischen Landeszentralbank-Präsidenten 1995 wurde von vielen als Belohnungsakt seines langjährigen Weggefährten Hans Eichel angesehen. Der war damals Ministerpräsident in Hessen und schätzte Weltekes pragmatischen Kurs in der Landes-SPD. Bis heute verbindet die beiden Männer, so Welteke, "eine langjährige Bekanntschaft bis hin zur Freundschaft".

Einsatz für den Finanzplatz Deutschland

Als Chef der hessischen Landeszentralbank machte sich Welteke bald einen Namen als versierter Geldpolitiker. Damit gelang es ihm, all jenen den Wind aus den Segeln zu nehmen, die ihm als Vollblutpolitiker mangelnde Fachkompetenz in Finanzfragen unterstellt hatten. Als Mitglied im Zentralbankrat der Bundesbank vertrat er stets eine moderate Linie ohne übermäßige Inflationsfurcht. Bei jeder Gelegenheit machte er sich für den Euro stark.

Gleichzeitig beteiligte er sich an der parteiübergreifenden deutschen Koalition aus Politik und Wirtschaft, die Frankfurt in der Europäischen Union als Sitz der Europäischen Zentralbank durchsetzte.

Dieses Engagement führte er ab 1999 als Bundesbankpräsident fort. Wieder war es Hans Eichel gewesen, der den damals 57-Jährigen für das Amt vorgeschlagen hatte. Neben den unbestrittenen Fähigkeiten Weltekes dürfte damals auch dessen "richtiges" Parteibuch eine gewichtige Rolle bei der Postenbesetzung gespielt haben.

Herausragende Position im EZB-Rat

Obwohl die Kompetenzen der Deutschen Bundesbank seit der Bildung der Europäischen Zentralbank 1998 stark beschnitten wurden, gelang es Welteke, eine herausragende Position unter den europäischen Zentralbänkern einzunehmen. Bis heute kommt seiner Stimme im 17-köpfigen Rat der Europäischen Zentralbank besondere Bedeutung zu.

Neben der unbestrittenen Fachkompetenz Weltekes dürfte diese Achtung auch dem hohen Ansehen der Bundesbank und der wirtschaftlichen Stärke Deutschlands geschuldet sein.

Strukturreform bereitet Kopfzerbrechen

Zu Hause hat der Bundesbankpräsident dagegen zunehmend mit Problemen zu kämpfen. Schon seit Jahren streiten Bund und Länder über eine Reform der Notenbank. Bundesfinanzminister Hans Eichel will aufgrund der reduzierten Aufgaben der Notenbank die Zahl der Mitglieder im Leitungsgremium der Bank drastisch reduzieren – ein Vorhaben gegen das die Ministerpräsidenten der Bundesländer Sturm laufen. Sie würden nämlich auf diese Weise ihren ohnehin geringen an Einfluss auf die Notenbank weitgehend verlieren.

Der Bundesbankpräsident unterstützt Eichels Reformvorschlag. Ebenso hält er eine Reduzierung des Personalsbestandes der Bundesbank für unumgänglich. Ein Drittel der Arbeitsplätze in in seinem Haus seien überflüssig, stellte er im November nüchtern fest.

Sorge um das Ansehen der Bundesbank

Doch bis zu einer Einigung über die Strukturreform der Bundesbank könnte noch einige Zeit vergehen. Zu unterschiedlich sind die Positionen von Bund und Ländern. Für die Mitarbeiter der Bundesbank ist dieser Schwebezustand nur schwer zu ertragen. Und auch Ernst Welteke dürfte die Entwicklung wenig behagen. Denn je länger der Streit dauert, desto mehr läuft die Bundesbank Gefahr in ihrem Ansehen beschädigt zu werden.