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Verstehen Sie Spaß?

Jens Krepela, Washington DC20. Oktober 2003

David Chang hat die Monopoly-Satire "Ghettopoly" entwickelt. Statt der Schloßallee gibt es ein Crack-House, wo früher die Turmstraße war, ist jetzt die Bronx. Schwarze Geistliche sehen in dem Spiel einen Skandal.

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"Glückwunsch - Du hast deine gesamte Nachbarschaft von Crack abhängig gemacht - kassiere 50 Dollar", heißt es auf der Ereigniskarte. Die Spielfiguren sind nicht die altbekannten Hütchen, sondern ein Marihuanablatt, eine Maschinenpistole, ein Basketball und eine Portion Crack. Zugegeben - etwas makaber, aber irgendwie auch lustig und mindestens genauso dekadent wie das Original. Die Idee sei entstanden, sagt Erfinder David Chang, als er im Musiksender MTV einen Gangster-Rapper gesehen habe, der die Zuschauer durch seine so genannte "Ghetto-Villa" führte. Chang wollte ein Spiel entwickeln, das dieser Typ gerne auf seinem Wohnzimmertisch haben würde.

Proteste statt Gewinn

Doch schwarze Geistliche und Bürgerverbände haben offenbar keinen Sinn für derartigen Humor. Ihr Vorwurf: Das Spiel wecke das Bild vom bösen schwarzen Mann, wie es am Anfang des vergangenen Jahrhunderts üblich war. Chang versteht die Aufregung um sein Spiel nicht. Denn während Rapper wie "Nelly" oder "50 Cent" mit ihren Songs über Mord und Vergewaltigung im Millieu Millionen Dollar scheffeln, empören sich Bürgerrechtsverbände über "Ghettopoly". "Es ist als Satire gedacht", hält der Mann aus Pennsylvania ihnen entgegen und wünscht sich etwas mehr Gerechtigkeit von den Protestlern. "Wir müssen doch über uns selbst lachen können", erwartet er von seinen Kritikern.

Wertsteigerung garantiert

Verkauft wurde das Spiel von der Modekette Urban Outfitters für 29,99 Dollar. Als Marketinggag gedacht entwickelte es sich zum Kassenschlager. Die Amerikaner fanden es so interessant, dass "Ghettopoly" bei vielen Filialen im Nu ausverkauft war. Aufgrund der Proteste hat der Moderiese den Verkauf mittlerweile gestoppt und damit die Preise in die Höhe getrieben. Beim Online-Auktionshaus Ebay werden Exemplare mittlerweile für 100 Dollar versteigert.

Chang will das Spiel jetzt im Internet weiter verkaufen. Sein Mobiltelefon und seinen Anrufbeantworter hat er inzwischen abgeschaltet, weil pausenlos Menschen anriefen, um sich zu beschweren. Auch sein E-Mail-Postfach quillt über von wütenden Protestschreiben. Doch das ist bei weitem nicht das schlimmste, das dem gebeutelten Jungunternehmer blüht. Der Spielwarengigant Hasbro Inc., Eigentümer der Monopoly-Rechte, hat angekündigt ihn wegen des Verstoßes gegen das Urheberrecht zu verklagen, und auch eine nationale Bürgerrechtsbewegung will den weiteren Vertrieb des Spiels stoppen, notfalls vor Gericht. Die Ankündigung weiterer Monopoly-Adaptionen für Rechtsradikale, Profikiller und Hip-Hop-Fans hat Chang vorsichtshalber schon mal zurückgezogen.