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Vertriebene beharren auf Steinbach-Kandidatur

17. November 2009

Der Bund der Vertriebenen hält an der umstrittenen Kandidatur Erika Steinbachs für den Stiftungsrat der geplanten Vertriebenen-Gedenkstätte fest. Ihre Benennung steht aber mit Rücksicht auf die Bundesregierung noch aus.

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Erika Steinbach (Foto: AP)
Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen: Erika SteinbachBild: AP

Der Bund der Vertriebenen (BdV) steht weiterhin zu dem Vorhaben, seine Präsidentin Erika Steinbach für den Beirat der geplanten Vertriebenen-Gedenkstätte zu benennen. Allerdings will die Vertriebenenorganisation zunächst auf eine offizielle Benennung verzichten. Nach mehrstündigen Beratungen leitete der Verband die Nominierung erneut nicht an die Bundesregierung weiter, forderte sie aber auf, den Weg für die Umsetzung eines selbstbestimmten Benennungsrechts zu ebnen. In einer Erklärung stellte der BdV klar, dass er uneingeschränkt hinter Steinbach stehe.

Vertriebenenverband will selbst entscheiden

Steinbach, Beratungen beim Bund der Vertriebenen (Foto: AP)
Beratungen im Bund der Vertriebenen mit BdV-Präsidentin Steinbach (r.)Bild: AP

Damit soll die Regierung mehr Zeit bekommen, um den Streit zwischen den Partnern CDU/CSU und FDP über Steinbach zu lösen. Es gehe um das Selbstbestimmungsrecht eines Verbandes, erklärte Steinbach. "Wir haben beschlossen, der Regierung eine Chance zu geben. Wir sind ja fair." An ihrer Kandidatur werde jedoch festgehalten.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte sein Veto für den Fall angekündigt, dass der BdV seine Präsidentin für den Beirat der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" berufen sollte. In der vergangen Legislaturperiode war ihre Nominierung bereits am Widerstand der SPD gescheitert. Die FDP führt nun dieselbe Kritik an wie damals die Sozialdemokraten: Westerwelle will aus Rücksicht auf die polnischen Nachbarn Steinbach nicht als Stiftungsrätin akzeptieren.

Gegenüber Steinbach gibt es massive Vorbehalte vor allem aus Polen. Die Regierung in Warschau lehnt die BdV-Präsidentin ab, weil sie früher Gegnerin der Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze zwischen Deutschland und Polen war. Für Westerwelle würde eine Berufung Steinbachs gegen den Gedanken der Versöhnung mit Polen verstoßen. "Hier geht es um die fundamentale Frage unserer deutschen Interessen, unserer deutsch-polnischen Partnerschaft", bekräftigte der FDP-Chef am Montag. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen hätten Vorrang gegenüber persönlichen Ambitionen.

CSU unterstützt Vertriebenenverband

Die CSU indessen forderte Respekt für die Haltung der Vertriebenen und kündigte an, eine Entscheidung - wie auch immer sie ausfalle - zu unterstützen. Notfalls müsse der Fall im Koalitionsausschuss geklärt werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bisher keine Position im Streit um Steinbach bezogen.

Grünen-Chefin Claudia Roth warf der Bundesregierung Führungsschwäche vor und forderte eine klare Entscheidung. Dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu dem Thema schweige, sei fatal. Die Innenexpertin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, warnte, eine Nominierung Steinbachs wäre "eine ungeheure Provokation unserer polnischen Nachbarn".

Klare Gesetzesvorgaben

Flüchtlingstreck 1945 (Foto: Ullstein Bild)
Ostpreußen Januar/Februar 1945: Flucht über das vereiste HaffBild: ullstein bild

Die Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" unter dem Dach des Deutschen Historischen Museums war nach langem Ringen zwischen Deutschland und Polen ins Leben gerufen worden. Das künftige Dokumentationszentrum der Stiftung soll Flucht, Vertreibung und Integration vom Zweiten Weltkrieg bis zur Gegenwart in Deutschland und Europa zeigen.

Als Führungsgremium schreibt das Gesetz einen Stiftungsrat und einen wissenschaftlichen Beraterkreis vor. In dem 13-köpfigen Rat, dessen Mitglieder Anfang April 2009 vom Bundeskabinett auf fünf Jahre berufen wurden, sitzen unter anderem Vertreter des Bundestags, der Bundesregierung und der Kirchen. Drei Sitze stehen dem Bund der Vertriebenen zu. Einen Sitz hatte der BdV aus Protest gegen die Ablehnung von Steinbach bislang nicht besetzt.

Autor: Herbert Peckmann (dpa, rtr, epd, kna)
Redaktion: Anna Kuhn-Osius