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Verzweifelte Geste

18. November 2009

Fünf Oppositionelle sind wegen ihrer Teilnahme an Protesten gegen die Präsidentenwahl im Iran zum Tode verurteilt worden. Ein Zeichen der Machtlosigkeit des Regimes, meint Jamsheed Faroughi in seinem Kommentar.

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Bild: DW

Weitere Todesurteile gegen Oppositionelle im Iran - das Grauen findet offensichtlich kein Ende. Brutale Gewalt, unrechtmäßige Verhaftungen, Misshandlung von Gefangenen, Schauprozesse und nun die Todesurteile. All dies sind Antworten einer Regierung, die nicht bereit und nicht fähig ist, auf die Menschen zu hören. Auf diejenigen, die nach der Präsidentschaftswahl friedlich auf die Straße gingen, um ihre Stimme zu verteidigen.

Brutalität zeigt keine Wirkung

Jamsheed Faroughi, Leiter von DW-Farsi, Foto: DW
Jamsheed Faroughi, Leiter von DW-Farsi

Seit mehr als fünf Monaten versucht die Schreckensherrschaft mit massiven Repressalien die Menschen mundtot zu machen, die Protestierenden einzuschüchtern, Proteste zu beenden, die Stabilität des Systems wieder herzustellen. Die jüngsten Ereignisse zeigen die Unwirksamkeit der Brutalität in einer Gesellschaft, die von zunehmender Unzufriedenheit befallen ist.

Selbstverschuldete Ausweglosigkeit

Die Menschen nutzen jeden religiösen und politischen Anlass, um ihre Unzufriedenheit mit der politischen Lage kundzutun. Der (1979 von Ayatollah Khomenei eingeführte) Jerusalemtag wurde plötzlich zum Protesttag gegen das Regime und beim Jahrestag der Besetzung der US-Botschaft am 4. November riefen die Menschen "Tod dem Diktator" und nicht wie üblich "Tod den USA". Zahlreiche weitere religiöse und politische Jahrestage stehen im Kalender. Die islamische Herrschaft im Iran findet keinen Weg aus der selbst verschuldeten Ausweglosigkeit.

Die neuen Todesurteile gegen Oppositionelle zeigen, dass die Machthaber im Iran gegen die politische Krise nur ein einziges Rezept haben: die Steigerung der Brutalität. Sie vergessen aber, dass die Brutalität kein wirksames Heilmittel gegen die Legitimitätskrise ist. Zu glauben, mit brutaler Unterdrückung der Protestierenden gleichzeitig die Beendigung der Proteste erreichen zu können, ist ein Denkfehler.

Zukunftsängste treiben die Menschen auf die Straße

Die Proteste sind nur der Ausdruck von Missständen und nicht deren Ursache. Die Ursachen der Proteste sollten woanders gesucht werden. Nämlich in den politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Missständen einer Gesellschaft, deren Bürger sich – zu Recht – eine bessere Zukunft wünschen.

Die iranische Justiz erteilt jetzt fünf Todesurteile gegen Oppositionelle. Unklar ist, ob diese Todesurteile vollstreckt werden. Sicher ist aber, dass diese Todesurteile kein Zeichen der Stärke sind, sondern vielmehr ein Zeichen der Machtlosigkeit.

Autor: Jamsheed Faroughi

Redaktion: Stephanie Gebert