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Viel Gesprächsstoff für Merkel in der Türkei

29. März 2010

Kanzlerin Merkel und der türkische Regierungschef Erdogan sind in vielem uneins. Vor allem darüber, ob die Türkei in die EU kommen soll. Doch der an diesem Montag beginnende Türkei-Besuch Merkels soll harmonisch werden.

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Merkel und Erdogan schreiten Ehrenformation der Streitkräfte ab (Foto: AP)
Angela Merkel bei ihrem letzten Türkei-Besuch 2006 mit Ministerpräsident ErdoganBild: AP

Nein, wird aus dem engen Umkreis der Kanzlerin versichert, zwischen Angela Merkel und Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan herrsche keine dicke Luft. Im Gegenteil, die beiden schätzten sich gegenseitig, ihr Verhältnis sei freundschaftlich, und über Differenzen werde sehr offen gesprochen.

Die größte dieser Differenzen ist sicher, ob die Türkei Mitglied der Europäischen Union werden soll. Merkels CDU und ihre bayerische Schwester CSU sind die einzigen Parteien im Deutschen Bundestag, die dagegen sind. Auch in ihrem Programm zur Bundestagswahl 2009 hatten CDU und CSU das wieder festgeschrieben. Der Türkei solle statt der Vollmitgliedschaft eine "Privilegierte Partnerschaft" angeboten werden, heißt es da, also eine enge Anbindung ohne wirkliche Mitsprache. Dahinter steht die Sorge, dass die EU, wie Merkel es einmal ausdrückte, "grenzenlos" wird, dass sie ihren Charakter verliert und unausgesprochen auch die Sorge vor einer Einwanderungsflut.

"Prozess mit offenem Ende"

Im Koalitionsvertrag, den die CDU/CSU mit den Liberalen geschlossen hat, steht allerdings nur: "Die 2005 mit dem Ziel des Beitritts aufgenommenen Verhandlungen sind ein Prozess mit offenem Ende." Der türkischstämmige FDP-Abgeordnete Serkan Tören sagte der Deutschen Welle dazu im Vorfeld der Merkel-Reise: "Für uns als Regierung gilt eindeutig, was im Koalitionsvertrag steht."

Und dazu steht auch die Kanzlerin. Sie behindert nicht die seit 2005 laufenden Beitrittsverhandlungen, wie das der französische Präsident Nicolas Sarkozy schon mal gemacht hat, aber sie setzt darauf, dass sie noch lange dauern, eine Entscheidung also nicht so schnell ansteht.

Schild Passkontrolle an deutschem Flughafen (Foto: Bilderbox)
Illegale Einreisen: UnerwünschtBild: BilderBox

Dass das so ist, weiß auch der türkische Ministerpräsident Erdogan, und deshalb setzt er erst mal kurzfristigere Ziele. Seit die EU vor einigen Wochen den Bürgern mehrerer ex-jugoslawischer Länder die visafreie Einreise gestattet hat, fordert Erdogan das gleiche für seine Landsleute.

Die Bundesregierung sorgt sich aber vor vermehrten illegalen Einreisen und fordert daher umfangreiche Vorkehrungen, unter anderem fälschungssichere biometrische Pässe.

"Assimilation ist ein Verbrechen"

Erhebliche Differenzen gibt es schließlich über die Integration der in Deutschland lebenden Menschen türkischer Herkunft. Erdogan sieht sie nach wie vor als seine Landsleute. Vor zwei Jahren rief er in einer großen Kölner Veranstaltungshalle Tausenden von ihnen zu: "Assimilation ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit."

Erdogan gestikulierend am Rednerpult (Foto: dpa)
Premier Erdogan im Februar 2008 in der "Kölnarena"Bild: picture-alliance/ dpa

Damals hatte Erdogan auch gefordert, für die hier lebenden Türken türkische Gymnasien einzurichten. Wenige Tage vor Merkels Türkei-Besuch erneuerte er diese Forderung im Interview mit einer deutschen Zeitung - wohl wissend, dass Merkel in Ankara eine deutsche Auslandsschule sowie eine deutschsprachige türkische Schule besuchen wollte. Diese Schulen freilich werden vornehmlich von türkischen Schülern besucht. Und so hielt Merkel mit einem eigenen Zeitungsinterview dagegen, in dem sie betonte: "Grundsätzlich sollten türkischstämmige Kinder und Jugendliche bei uns in die deutschen Schulen gehen."

Doch trotz dieses jüngsten Geplänkels: Merkels Umgebung im Kanzleramt betont, dass die Gemeinsamkeiten der beiden verbündeten Staaten die Differenzen weit überwiegen und dass diese auch den Besuch der Kanzlerin prägen werden.

Autor: Peter Stützle
Redaktion: Kay-Alexander Scholz

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