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Vier Schuldsprüche

4. September 2007

Ein Hinterbliebener der Opfer des Flugzeugunglücks von Überlingen griff bereits zur Selbstjustiz: Er ermordete einen Fluglotsen. Nun ist über acht Mitarbeiter der Flugsicherung das Urteil gesprochen worden.

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Reste der 2002 verunglückten russischen Tupolev (AP Photo/Winfried Rothermel)
Reste der 2002 verunglückten russischen TupolevBild: AP

Wegen der Flugzeugkatastrophe von Überlingen hat ein Schweizer Gericht drei der acht angeklagten Skyguide-Mitarbeiter zu Haftstrafen auf Bewährung und einen vierten zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Bezirksgericht im schweizerischen Bülach befand sie am Dienstag (4.9.07) der mehrfachen fahrlässigen Tötung für schuldig. Vier weitere Angeklagte wurden freigesprochen.

Blumen liegen an der Turbine am zerstörten Heck der Tupolew 154 bei Überlingen - Foto: Rolf Haid dpa/lsw
Blumen, die die Angehörigen der russischen Opfer niedergelegt haben, liegen an der Turbine am zerstörten Heck der Tupolew (Archivbilder)Bild: picture-alliance/dpa/lsw

Bei der Kollision eines Passagierflugzeugs der Bashkirian Airline mit einer DHL-Frachtmaschine am 1. Juli 2002 kamen 71 Menschen ums Leben, darunter 49 Kinder und Jugendliche. Skyguide kontrolliert den Luftraum im Bodenseegebiet.

Ein Jahr auf Bewährung

Drei der Verurteilten arbeiten für die Führungsebene von Skyguide. Sie erhielten Freiheitsstrafen von zwölf Monaten mit zwei Jahren Bewährung. Der vierte Verurteilte ist ein Projektleiter; er erhielt eine Geldstrafe von 90 Tagsätzen zu 150,00 Franken (91 Euro). Alle vier Verurteilten tragen die Gerichtskosten und müssen außerdem den anwaltschaftlich vertretenen Geschädigten eine Entschädigung zahlen, deren Höhe noch nicht feststand.

Bei den vier freigesprochenen Angeklagten handelt es sich um einen Systemplanungsexperten, zwei Mitarbeiter im Spätdienst sowie einen Fluglotsen, der zum Unglückszeitpunkt in der Pause war.

Unter der Forderung der Staatsanwaltschaft

Das Gericht urteilte milder als von der Staatsanwaltschaft beantragt. Diese hatte Haftstrafen von sechs bis 15 Monaten auf Bewährung gefordert. Dagegen hatten die Verteidiger auf Freispruch plädiert. Alle Angeklagten beteuerten ihre Unschuld und belasteten in ihren Aussagen den in der Unglücksnacht alleine arbeitende Fluglotsen. Der Mann wurde im Februar 2004 von einem Russen getötet, der bei dem Unglück Frau und Kinder verloren hatte.

Der Vorsitzende Richter Rainer Hohler nannte das Unglück eine "unfassbare Tragödie". Dennoch habe das Gericht sachlich urteilen müssen. Es sei um persönliche Verantwortung der Angeklagten gegangen. Nicht das Unternehmen Skyguide habe vor Gericht gestanden. Staatsanwalt Bernhard Hecht bezeichnete die Katastrophe als eine Kettenreaktion von Pflichtverletzungen und informellen Versäumnissen. (mas)