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"Kohl steht über uns"

19. April 2016

Viktor Orban besucht Helmut Kohl. Für die beiden ein Ausdruck ihrer Freundschaft. Kritiker sehen darin einen Affront gegen Bundeskanzlerin Merkel. Der Besuch endet dann mit einer Überraschung.

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Viktor Orban zu Besuch bei Altkanzler Helmut Kohl
Bild: picture-alliance/dpa/D. Biskup

Nach gut 80 Minuten im Oggersheimer Bungalow von Altkanzler Helmut Kohl trat der ungarische Ministerpräsident schnellen Schrittes vor die Journalisten - als habe er eine aufsehenerregende Botschaft zu übermitteln. Was der umstrittene Regierungschef dann jedoch in die Mikrofone sprach, hatten die wenigsten erwartet.

Kein Wort zu der Flüchtlingspolitik der deutschen Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel, keine Verteidigungsreden zu den eigenen Abschottungsmaßnahmen gegen Migranten. Vor den Journalisten äußerte sich Orban nur über die deutsch-ungarische Freundschaft und die politischen Verdienste Kohls, der "ein großer Wert für ganz Europa" sei und "über uns aktuellen Politikern" stehe. Man solle ihn - auch angesichts des angeschlagenen Gesundheitszustands - nicht in politische Debatten hineinziehen, bat er, stieg in einen schwarzen Kleinbus und verschwand.

Worum es eigentlich ging

Den eigentlichen Inhalt ihres Treffens ließen die beiden konservativen Politiker anschließend in einer mehrseitigen Pressemitteilung verbreiten. Darin betonen sie, dass sie sich in der Flüchtlingspolitik nicht im Gegensatz zur Politik von Kanzlerin Merkel befänden, sondern sich in der Zielsetzung völlig einig sähen. "Die Bemühungen der Kanzlerin zeigen in dieselbe Richtung", heißt es in dem Schreiben.

Es gehe nicht darum, ob Europa und seine Mitgliedsstaaten helfen würden, sondern wie eine wirkungsvolle humanitäre Hilfe von aussehen könne. Kohl und Orban erklärten, es gehe darum, "unter humanitären Aspekten in einer existenziellen Frage für Millionen von Menschen den besten Weg zu finden".

Viktor Orban ist wegen der harten Flüchtlingspolitik seines Landes in Europa zunehmend isoliert. Ungarn hatte sich als erstes europäisches Land mit Grenzzäunen und restriktiven Asylgesetzen gegen Flüchtlinge abgeschottet. Zudem hatte der Regierungschef mit massiven fremdenfeindlichen Kampagnen Front gegen Migranten gemacht. Auf EU-Ebene gilt Orban als scharfer Kritiker und Widersacher von Bundeskanzlerin Merkel. So lehnt Ungarn die Aufnahme von Flüchtlingen nach einem EU-Quotensystem kategorisch ab.

mak/rb (afp, dpa, rtr)