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Grüner Testflug

Ranty Islam24. April 2007

2008 soll ein Jumbo mit Biokraftstoff testfliegen, sagt eine britische Airline. Ob dies wirklich etwas bewegt ist fraglich. Technische und logistische Probleme sind in den nächsten Jahre nicht zu lösen, sagen Experten.

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Flugzeug im Himmel mit Kondensstreifen (Quelle: Bilderbox)
Biokraftstoff: Ackerbau für die LuftfahrtBild: Bilderbox

Es wird eng für die Luftfahrtindustrie. Die Branche, die bislang von den Emissionsgrenzen des Kyoto-Protokolls ausgenommen war, steht unter wachsendem Druck, den Ausstoß von Treibhausgasen ebenfalls einzuschränken. Spätestens seit EU-Umweltkommissar Stavros Dimas Ende vergangenen Jahres diese Forderung stellte, kann sie in den Airline-Chefetagen nicht mehr ignoriert werden.

Virgin-Boss Richard Branson (r.) mit Lufthansa-Chef Mayrhuber (Quelle: AP)
Virgin-Boss Richard Branson (rechts) mit Lufthansa-Chef MayrhuberBild: AP

Das weiß auch Richard Branson. Der britische Milliardär und Herr über das Virgin-Mischkonzern-Imperium will im nächsten Jahr zum ersten Mal einen Jumbo aus seiner Virgin Atlantic-Flotte mit Biokraftstoff testfliegen - die weltweite erste Demonstration dieser Art, wie die Pressestelle des Unternehmens am Dienstag (24.4.07) bekannt gab. Der Test ziele darauf ab, "die Entwicklung neuer nachhaltiger Treibstoffe für die kommerzielle Luftfahrt zu beschleunigen". Für eine Stellungnahme zu weiteren Details des Versuchs war bei Virgin zunächst niemand erreichbar.

Technische Hürden

Auf dem Weg zu einem fliegertauglichen Ökotreibstoff warten allerdings technische, logistische und wirtschaftliche Hürden, die nach Ansicht von Fachleuten nicht innerhalb weniger Jahre überwunden werden können - ganz zu schweigen von einzelnen Testflügen, wie von der britischen Fluglinie geplant. Kleinflugzeuge in Brasilien fliegen bereits mit Ethanolgemischen - der Stoff wird unter anderem aus Mais hergestellt. Doch für Großraumflugzeuge auf langen Strecken eignet sich dieser Treibstoff vom Acker nicht. Die geringere Energieausbeute bedeutet, dass ein Flieger für die gleiche Flugleistung größere Tanks benötigt. Das Gleiche gilt etwa für Wasserstoff, der zudem tiefgekühlt gelagert werden müsste.

Nur eines von vielen Problemen, sagt Professor Hans-Peter Kau, Direktor des Instituts für Luft- und Raumfahrt an der Technischen Universität München. "Aber selbst wenn ein Biokraftstoff alle technischen Anforderungen erfüllt, wird es Jahre dauern und noch einmal viel Geld kosten, bis er international zertifiziert ist." Die Zumischung kleiner Mengen Biotreibstoff zum gewöhnlichen Kerosin ist dagegen auch heute schon kaum ein Problem. Der Anteil von Emissionen aus dem fossilen Brennstoff Kerosin ließe sich damit um fünf bis zehn Prozent reduzieren, sagt Kau. "Doch fünf bis sechs Prozent mehr Flugverkehr jedes Jahr machen diesen Vorteil gleich wieder zunichte."

Kampf um Ackerflächen

Blühendes Rapsfeld (Quelle: AP)
Rapsernten bald für den Flugzeugtank?Bild: AP

Auch wo der Virgin-Atlantic-Biokraftstoff herkommen soll, ist fraglich. Ursprung sind zumeist energiereiche Pflanzen wie Raps oder Soya, aus denen zunächst eine Art Biodiesel hergestellt werden kann. Virgins Flotte von derzeit 34 Flugzeugen auf grünen Treibstoff umzustellen, würde entsprechend riesige Ackerflächen beanspruchen, sagt Jos Dings, Direktor des Europäischen Verbands Transport und Umwelt. Je nach Art des Biokraftstoffs und seiner Herstellung würde jährlich die Ernte von einer Landfläche zwischen 14.000 bis 40.000 Quadratkilometern fällig - das ist beinahe so groß wie die Niederlande, rechnet er vor.

Der Trend zu Biokraftstoffen vom Acker, der bereits in der Auto-Industrie an Fahrt gewonnen hat, wirft ein weiteres Problem auf: Die benötigten Flächen stehen in zunehmendem Wettbewerb zu Nahrungsmittelernten. Das betrifft in erster Linie die Menschen - aber auch die Lebensmittelindustrie. So warnte der Unilever-Konzern in der vergangenen Woche, dass durch diese Konkurrenz auf den Äckern in 20 Jahren 50 Prozent mehr Agrarflächen benötigt würden, um die Weltbevölkerung zu ernähren. "Die steigenden Preise für Mais in den USA und Mexiko sind ein möglicher erster Hinweis auf eine solche Entwicklung", sagt Dings.

"Gerade wegen der Unwägbarkeiten in der Diskussion um Biokraftstoffe ziehen wir die Formulierung klarer Emissionsgrenzen vor", so Dings. Diese Erkenntnis wird vermutlich auch am Ende der bislang nicht näher erläuterten grünen Flugversuche von Virgin stehen. "Ich lasse mich überraschen, was bei dem Test herauskommt", sagt Hans-Peter Kau. Doch dass die Airline die Biotreibstoff-Flieger innerhalb der nächsten fünf Jahre kommerziell einsetzen kann, wie von einer britischen Zeitung berichtet, "ist ausgeschlossen", zeigt sich Kau überzeugt.