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Virtuelle Igel-Hatz

5. Mai 2003

Der Markt für Videospiele ist hart umkämpft, da milliardenschwer. In Japan steht über kurz oder lang eine Mammuthochzeit an: Das Unternehmen Sega sucht Hände ringend einen Käufer, leistet sich aber dennoch ein Pokerface.

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Sonic, the Hedgehog - VideospielheldBild: AP

Der Erfinder der Computerhelden "Pac-Man" und "Sonic, the Hedgehog" wollen wahrscheinlich fusionieren: Konkurrent Namco hat dem taumelnden Unternehmen Sega Gespräche über einen Zusammenschluss angeboten. Gelingt die Fusion, dann entstünde der größte japanische Anbieter von Spielautomaten mit einem Jahresumsatz von rund 350 Milliarden Yen (Drei Milliarden Dollar).

Vom Marktführer zum Übernahmekandidaten

Sega war einst Branchenprimus im Geschäft mit Videospielen und Konsolen. Doch gegen die Konkurrenz der Top-Rivalen Sony und Nintendo konnte die "Dreamcast"-Konsole nicht mithalten. Seit fünf Jahren ist Sega in den roten Zahlen und ächzt unter Bankschulden von fast 670 Millionen Dollar. Seit dem Flop mit "Dreamcast" hat sich Sega aus der Produktion von Heim-Spielegeräten zurückgezogen und konzentriert sich auf Software und das Spielhallengeschäft. Sega entwickelt Videospiel-Titel für die Xbox-Videospielekonsole von Microsoft, für Nintendo-Videospielekonsolen und für den Marktführer Sony mit seiner Playstation-2-Konsole. In diesem Bereich ist auch Namco sehr stark. Genau deswegen gibt es Zweifel an dem Deal zwischen Namco und Sega.

In vielen Geschäftsbereichen weisen die beiden Unternehmen Überlappungen auf – Synergieeffekte sind davon nicht unbedingt zu erwarten. Das Fusionsangebot wird zwar auf einen Wert von 128 Milliarden Yen geschätzt, trotzdem reagieren einige Analysten zurückhaltend. "Es ist eine Kombination zweier schwacher Firmen. Die Fusion wird keinen Sinn machen, wenn sie nicht bereit sind, im Anschluss an die Fusion Restrukturierungsmaßnahmen einzuleiten", sagte Eiji Maeda vom Daiwa Institute of Research. Im Softwaregeschäft hätte das fusionierte Unternehmen einen Marktanteil von zehn Prozent. Im weniger profitablen Geschäft mit Spielautomaten würden die beiden Unternehmen zusammen wahrscheinlich einen Marktanteil von 30 Prozent erreichen. Aber Namco ist nicht der einzige Fusionsanwärter.

Es mangelt nicht an Bewerbern

Neben Namco untersuchen auch Microsoft und der US-Videospiele-Anbieter Electronic Arts die Möglichkeit, Sega ganz oder teilweise zu übernehmen. Microsoft hat eine US-Investmentbank beauftragt, Möglichkeiten zu finden, wie der Software-Riese Sega ganz oder in Teilen kaufen kann, berichtete die US-Zeitung "Wall Street Journal" Ende Februar 2003. Ebenso sei Electronic Arts, Segas schärfster US-Rivale auf dem Markt für Sportspiele, auf der Suche nach japanischen Mitbietern. Denn Sega hatte angekündigt, sich mit der japanischen Sammy Corp. zusammenzuschließen, einem Hersteller von Flipperautomaten. Diese Transaktion sei stark von dem Computer-Service-Anbieter CSK Corp. vorangetrieben worden, dem größten Sega-Aktionär. Das Kaufgebot beträgt eine Milliarde Dollar. Electronic Arts will überbieten.

Und auch Microsoft hat noch nicht aufgegeben. Eine Transaktion mit Sega würde Microsoft Zugang zu exklusiven Titeln für seine 16 Monate alte Xbox geben. Denn bislang mangelt es offenbar an Xbox-Spielen, die für Japaner interessant sind – erkennbar an den hohen Lagerbeständen bei den Spielkonsolen. Obendrein schielt Microsoft auf Visual Concepts. Dieser zu Sega gehörender Anbieter von Sportspielen wäre ein potenzielles Juwel für Microsoft. Sport-Videospiele zählen zu den am schnellsten wachsenden Spielekategorien. Mit Sega wäre dann einer der schärften Konkurrenten vom Markt, und das Unternehmen selbst völlig vom Geschäft mit den Spielkonsolen abhängig. Doch Sega hat Microsoft bereits im Januar 2001 die kalte Schulter gezeigt.

Neuordnung der Branche fällig?

Der Kampf um Sega findet zu einer Zeit statt, in der sich die 20 Milliarden Dollar schwere Videospieleindustrie in einem umfassenden Konsolidierungsprozess befindet. Branchenriesen mit gut gefüllten Kassen gehen auf Einkaufstour. Die rasant steigenden Kosten für immer ausgefeiltere Spiele für Hightech-Konsolen – Branchenkenner veranschlagen durchschnittlich 2,5 Millionen Dollar pro Titel und über 40 Millionen Dollar für Top-Spiele –, setzen die Entwickler zunehmend unter Druck, ihre Kräfte durch Fusionen zu bündeln. Die Gewinnmargen sind wegen der hohen Konkurrenz gering. Das intensiver werdende Ringen um Sega könnte Experten zufolge die Neuordnung in der gesamten Spieleindustrie im In- wie im Ausland weiter beschleunigen. (arn)