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"Virtuelles Duell zwischen Schröder und Kirchhof"

4. September 2005

Parteienforscher Klaus Detterbeck gibt im Wahlkampf-Check Antworten auf Fragen zu den vorgezogenen Bundestagswahlen. Diesmal bewertet er den Ausgang des TV-Duells zwischen Gerhard Schröder und Angela Merkel.

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DW-WORLD: Wie bewerten Sie den Verlauf des mit Spannung erwarteten einzigen TV-Duells des Wahlkampfs?

Klaus Detterbeck: Das Gespräch verlief insgesamt ohne große Überraschungen. Schröder und Merkel vertraten Positionen, die man auch schon vorher von ihnen kannte. Was ich allerdings interessant fand, war, wie am Anfang der Debatte die Verhältnisse umgekehrt wurden. Kanzler Schröder griff Positionen der Opposition an, Merkel war in der Verteidigerrolle. Besonders beim Thema Steuerpolitik kritisierte Schröder den Fachmann der Union, Paul Kirchhof so heftig, dass es man fast den Eindruck eines virtuellen Duells zwischen Schröder und Kirchhof gewinnen konnte. Im zweiten Teil der Diskussion gelang es Merkel dann besser in den Angriff überzugehen und die Bilanz der Regierung als negativ darzustellen. Erst dann schaffte sie es, die hohe Arbeitslosigkeit und die Wirtschaftslage in den Mittelpunkt zu rücken und Schröder in die Defensive zu drängen. Insgesamt war interessant, dass sich die Herausforderin als Kandidatin der Wirtschaft und der Amtsinhaber, der harte Sozialreformen auf den Weg gebracht hat, sich als Garant gegen die soziale Kälte präsentierte.

Wer hat die Auseinandersetzung gewonnen?

Schröder trat staatsmännischer und gewandter auf als Merkel und hat das Duell gewonnen. Aber das war zu erwarten. Merkel hat ihre Sache gut gemacht und gezeigt, dass sie neben Schröder bestehen kann. Sie wirkte zwar manchmal wie eine Schülerin, die darauf brennt, auch noch etwas sagen zu dürfen, aber das war nicht entscheidend. Schröder war der Sieger, aber es war nicht so eindeutig, wie das notwendig gewesen wäre, um zur Union aufzuholen.

Wird das Duell Auswirkungen auf die Umfragen und die Entscheidung der Wähler haben?

Der Vorsprung der Union vor der SDP ist so dramatisch, dass von diesem Duell keine großen Veränderungen zu erwarten sind. Es hätte schon etwas Ungewöhnliches passieren müssen, um diese Grundkonstellation zu kippen. Vielleicht werden einige Wechselwähler, die nur ein geringes Interesse an Themen haben, nach diesem Duell für Gerhard Schröder stimmen, weil er ihnen sympathischer vorkam. Das könnte der SPD in den Umfragen zwei bis drei Punkte bringen, aber die SPD wird den Vorsprung der CDU damit nicht aufholen. Allerdings wird - wenn die SPD einige Punkte zulegt - eine große Koalition wahrscheinlicher.

Klaus Detterbeck Bundestagswahl 05 Experte Porträtfoto

Klaus Detterbeck (Jahrgang 1966) lehrt und arbeitet am Institut für Politikwissenschaft der Universität Magdeburg.