1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Duell der Unbekannten

5. Oktober 2016

Hillary Clinton. Donald Trump. Hillary Clinton. Donald Trump. Der Großteil der TV-Debatte war von denen geprägt, die gar nicht auf der Bühne waren: den Chefs von Tim Kaine und Mike Pence. Ein Duell der Unbekannten.

https://p.dw.com/p/2QsTe
Die Vizepräsidentschaftskandidaten Tim Kaine (Demokrat) und Mike Pence (Republikaner) liefern sich ihr TV-Duell (Foto: Reuters)
Der Demokrat Tim Kaine (l.) und Republikaner Mike PenceBild: Reuters/J. Ernst

Der Republikaner Mike Pence überzeugte nach Einschätzung der "New York Times" und weiterer Beobachter beim einzigen TV-Duell der Bewerber für die Vizepräsidentschaft mit einem präsidialeren, besonneneren Ton. Der Demokrat Time Kaine trat am Dienstagabend (Ortszeit) deutlich aggressiver auf, wirkte dabei aber zeitweise nervös und ungeduldig. Eine erste Blitzumfrage des Senders CNN sah Pence mit 48 Prozent vorne, Kaine kam auf 42 Prozent.

Die Debatte war geprägt von zahlreichen Unterbrechungen und Angriffen auf die Präsidentschaftskandidaten der beiden Lager. Kaine bezeichnete den Republikaner Donald Trump als Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Der 58-jährige Senator für den US-Bundesstaat Virginia bezog sich auf eine Äußerung des ehemaligen US-Präsidenten Ronald Reagan, der gesagt hatte, ein "Idiot oder Irrer" mit einer Atomwaffe könne eine Katastrophe auslösen. "Und ich denke, dieses ist der Chef von Gouverneur Mike Pence", sagte Kaine. Der 57-jährige Pence, republikanischer Gouverneur des US-Bundesstaats Indiana, reagierte darauf mit einem Gegenangriff: "Senator, Senator, das war sogar unter dem Niveau von Ihnen und Hillary Clinton, und das ist schon recht niedrig."

Pence kritisiert Russland

Der Demokrat Kaine versuchte, in der Debatte mit Angriffen auf Trump zu punkten. Er warf ihm vor, den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu bewundern. Pence überraschte im Gegenzug mit scharfer Kritik an Moskau. Er sprach von einem "korrupten System" in Russland. Das war auffällig, da Trump sich in der Vergangenheit mehrfach lobend über Putin geäußert hatte. Sein Vizekandidat Pence trat dafür ein, im syrischen Bürgerkrieg keine Schwäche gegenüber Russland zu zeigen. Die Provokationen durch Moskau müssten mit "amerikanischer Stärke" beantwortet werden. Pence sagte, die USA müssten auch darauf vorbereitet sein, das Assad-Regime militärisch anzugreifen, um eine humanitäre Katastrophe in Aleppo zu verhindern.

Konservative US-Amerikaner, die Trump nicht unterstützen, mochten diese Ansicht von Pence. Der Chefredakteur des konservativen Magazins "Weekly Standard", Bill Kristol, twitterte: "Pences Außenpolitik ist in Ordnung. Zu dumm, dass es nicht Trumps ist."

Beleidigungen statt Inhalte

Beide erhoben den Vorwurf, dass das gegnerische Lager eine auf "Beleidigungen" basierende Kampagne betreibe. Kaine beschuldigt Trump, von bloßen egoistischen Zielen getrieben zu sein. Der Immobilienmogul setze "immer sich selbst an die erste Stelle". Seine geschäftliche Karriere habe er "auf dem Rücken kleiner Leute" aufgebaut. Während seiner Wahlkampagne habe er dann Immigranten und Frauen beschimpft. Pence konterte, indem er Clintons Bemerkung aufgriff, die Hälfte der Trump-Anhänger seien "beklagenswerte" Menschen. Er bewertete diese Äußerung als wesentlich schlimmere Beleidigung als alles, was Trump im Laufe seines Wahlkampfs gesagt habe. Die Demokratin hatte die Bemerkung allerdings im Nachhinein bedauert.

Auch die Kontroverse um Trumps Steuererklärung war Thema der Debatte. Einem Bericht der "New York Times" zufolge zahlte er möglicherweise 18 Jahre lang keine Bundessteuern. Der milliardenschwere Unternehmer weigert sich beharrlich, die Steuererklärung öffentlich zu machen. Nach Kaine muss Trump diesen Schritt aber gehen, um zu beweisen, dass er für das Amt geeignet ist. Pence hielt dem entgegen, Trump habe sich an die Steuergesetze gehalten und sie bloß "brillant" genutzt.

Interesse? Fehlanzeige!

Schon vorab wurde erwartet, dass sich weit weniger Menschen die Debatte ansehen würden als das erste Aufeinandertreffen von Donald Trump und Hillary Clinton vor einer Woche. Sie hatten ein Rekord-Publikum von 84 Millionen Menschen erreicht. Zum Duell der Vizekandidaten gab es zwar landesweit selbst organisierte Treffen zum gemeinschaftlichen Gucken. Die Organisatoren eines solchen Treffens für junge Berufstätige in Des Moines im Bundesstaat Iowa rechneten aber mit geringem Interesse: "Wir sind zufrieden, wenn 20 Leute kommen." Letztlich waren es 30.

Trump und Clinton polarisieren, ihre Stellvertreter sind zurückhaltend bis zur Unscheinbarkeit. Sie gelten als treue Parteisoldaten. Keiner der beiden Vizepräsidentschaftskandidaten ist US-weit besonders bekannt. Mehr als zwei Drittel der Befragten sagten in einer Umfrage des Senders CBS News, dass sie nicht genug über Kaine wüssten, um eine Meinung zu ihm zu haben. 57 Prozent sagten dasselbe über Pence.

Wichtige Funktion im Todesfall

Beide Vizekandidaten standen bislang kaum im Rampenlicht, auch weil sie so wenig kontrovers sind. Sie tourten durchs Land, machten fleißig Wahlkampf. Die Aufmerksamkeit gehörte den anderen. Ihre künftige Rolle ist jedoch nicht unwichtig. Der Vizepräsident würde im Todesfall des Präsidenten selbst das höchste Amt im Staat führen. Der 70-jährige Trump wäre im Fall seines Sieges bei Amtsantritt der älteste Präsident. Clinton wäre bei Amtsantritt 69 Jahre alt und damit nur jünger als Ronald Reagan der kurze Zeit nach Amtsantritt 70 wurde.

Während Kaine und Pence sich nur dieses eine TV-Duell lieferten, werden Clinton und Trump noch zwei Mal gegeneinander antreten. Aus der ersten Debatte war Clinton nach Medieneinschätzung als Siegerin hervorgegangen. Ihr nächstes Duell steht in der Nacht zum Montag an.

ust/mak (afp, rtr, ap, dpa, Twitter)