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Vogelgrippe-Virus zieht westwärts

9. Januar 2006

Das tödliche Vogelgrippe-Virus H5N1 rückt weiter nach Europa vor. Eine Woche nach dem ersten Todesopfer in der Türkei ist die Zahl der Krankheits- und Verdachtsfälle dort stark gestiegen.

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Der Sarg des ersten Todesopfers in der TürkeiBild: AP

In der Türkei haben sich allem Anschein nach schon 15 Menschen in verschiedenen Landesteilen mit dem gefährlichen Vogelgrippe-Virus H5N1 infiziert. Türkische Mediziner testeten am Montag (9.1.06) fünf weitere Menschen positiv auf den potenziell tödlichen Erreger. Eine Bestätigung des britischen Referenzlabors der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stand zunächst allerdings noch aus, was auch noch für sechs weitere Fälle galt.

Die fünf jüngsten Vogelgrippe-Fälle ereigneten sich laut dem türkischen Gesundheitsministerium in vier verschiedenen Provinzen im Osten und in der Mitte des Landes sowie an der Schwarzmeerküste. Dies bedeutete eine Ausbreitung auf weitere Landesteile. Zu Jahresbeginn waren nur Erkrankungen aus der südöstlichen Provinz Van gemeldet worden. Am Sonntag gab es dann erstmals drei Fälle in der 1000 Kilometer weiter westlich gelegenen Hauptstadt Ankara.

Vogelgrippe Türkei
Leichtsinniger Umgang mit Federvieh auf einem türkischen MarktBild: dpa

Gleich in mehreren Regionen Mittel- und Ostanatoliens ordneten die Behörden Massentötungen von Geflügel, Quarantänen, Verkaufs- und Transportverbote an. Landesweit wurden zehntausende Hühner, Enten, Puten und anderes Geflügel vernichtet. Das Umweltministerium in Ankara verhängte ein Verbot der Jagd auf Wildvögel. Zugvögel, die auf ihren Wanderungen im Herbst und Frühjahr Station in der Türkei machen, werden als Überträger der Tierseuche angesehen. Agrarminister Mehdi Eker bezeichnete es als notwendig, die vor allem in Ost- und Südostanatolien übliche Kleintierhaltung von Geflügel einzudämmen, wenn nicht ganz zu verbieten, um eine weitere Ausbreitung der Vogelgrippe in der Zukunft zu vermeiden.

Schwerpunkt Ostanatolien

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilte mit, dass derzeit in der Türkei mindestens 30 Patienten behandelt werden, die vermutlich mit dem aggressiven Krankheitserreger infiziert sind. Drei Geschwister waren in den vergangenen Tagen in der Uni-Klinik der osttürkischen Stadt Van gestorben, zwei von ihnen nachweislich nach einer Ansteckung mit dem H5N1-Virus.

Vogelgrippe Türkei - Vogelfutterverkäuferin in Istanbul
Taubenfutter wird in Istanbul nur noch mit Mundschutz verkauftBild: dpa

Experten der WHO begaben sich inzwischen in den am stärksten betroffenen Gebiet im Osten des Landes. Sie wollen vor Ort untersuchen, wie sich die Betroffenen angesteckt haben und wie weitere Infektionen verhindert werden können. Begleitet werden die Experten vom türkischen Gesundheitsminister Recep Akdag. Er warnte vor Panikmache. Bisher hätte die Befunde der Weltgesundheitsorganisation keinen Hinweis darauf erbracht, dass sich der in der Türkei nachgewiesene Erreger vom Menschen auf den Menschen übertrage.

Erneute Stallpflicht in Deutschland?

Die Europäische Union verbot den Import von unbehandelten Federn aus Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Syrien, dem Iran und dem Irak. Auch andere Geflügelprodukte aus diesen östlichen Anrainern der Türkei dürfen vorerst nicht mehr eingeführt werden, wie Kommissionssprecher Michael Mann in Brüssel mitteilte.

Der italienische Gesundheitsminister Francesco Storace lud Tiermediziner, Virologen und andere Experten zu einer Sondersitzung hinter verschlossenen Türen ein. Im Interview der Zeitung "La Repubblica" erklärte er, wegen der Vogelgrippe in der Türkei müssten möglicherweise neue Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden.

Die Gesundheitsbehörden in Moskau forderten russische Touristen auf, wegen der Vogelgrippe nicht in die Türkei zu reisen. Die Lage sei sehr ernst, sagte der oberste russische Seuchenbekämpfer Gennadi Onischtschenko. Der Iran schloss nach türkischen Angaben einen Grenzübergang. Das Auswärtige Amt in Berlin gab dagegen keine Warnung aus. Die Sicherheitshinweise für die Türkei seien seit November nicht mehr aktualisiert worden, sagte ein Sprecher. Allerdings stellt Bundesgesundheitsminister Seehofer eine erneute Stallpflicht für Federvieh in Deutschland in Aussicht.

Weltweit geht die WHO nach den Todesopfern in der Türkei nun von 146 bestätigten Fällen in Kambodscha, China, Indonesien, Thailand, der Türkei und Vietnam aus. 76 Menschen sind an der Tierseuche gestorben. Gesundheitsexperten und Regierungsvertreter werden sich in der kommenden Woche in Japan zu einem Austausch über die aktuellen Schutzvorkehrungen in der Region treffen. Bei dem Treffen in Tokio am 12. und 13. Januar solle erläutert werden, welche weitergehenden Maßnahmen notwendig sind, um eine massenhafte Ausbreitung des tödlichen Virus zu verhindern. (kas)