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Volksabstimmung in Etappen

12. Dezember 2012

Das umstrittene Verfassungsreferendum in Ägypten soll statt an einem Tag nun in zwei Runden abgehalten werden. Angesichts der tiefen politischen Spaltung im Land riefen die Militärs zum Dialog auf.

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Ein Gegner des Verfassungsreferendums hält einen Koran, ein Kreuz und die ägyptische Nationalflagge hoch (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Das Referendum werde am 15. und am 22. Dezember stattfinden, statt wie bislang geplant nur am 15. Dezember, berichtete das ägyptische Staatsfernsehen unter Berufung auf eine entsprechende Entscheidung der Wahlkommission. Die beiden Wahlrunden sollen demnach auf zwei Regionen aufgeteilt werden. In Kairo und neun weiteren Provinzen werde am kommenden Samstag abgestimmt.

Nach Angaben der Kairoer Tageszeitung "Al-Watan" hängt dies mit dem angekündigten Boykott eines Großteils der Richter zusammen. Da nicht genügend Richter bereit sind, das Referendum zu überwachen, soll die Abstimmung nun an zwei Tagen stattfinden, hieß es. Die Opposition kritisierte den Plan. Der Aktivist Wael Ghoneim sagte, die Ergebnisse des ersten Wahltages könnten Wähler beeinflussen, die später ihre Stimme abgeben.

Während die Gegner des Verfassungsentwurfs noch um eine Verschiebung des Referendums kämpfen, hat die Abstimmung im Ausland bereits begonnen. Wie die staatliche Nachrichtenagentur MENA berichtet, können die rund 500.000 Auslandsägypter in den Botschaften ihres Landes ihre Stimme abgeben.

"Dialog der nationalen Einheit" aufgerufen

Das geplante Referendum ist der Hauptstreitpunkt zwischen Anhängern und Gegnern von Präsident Mohammed Mursi. Die Opposition lehnt den von der Verfassungsversammlung geschriebenen Entwurf ab, weil dieser die Handschrift der in der Versammlung dominierenden Islamisten trägt.

Um die politische Krise des Landes beizulegen, haben die ägyptischen Streitkräfte für Mittwoch (ab 15.30 Uhr) zu einem nationalen Dialog aufgerufen. Präsident Mohammed Mursi und die politischen Kräfte des Landes sollten dabei in Kairo nach einer Lösung in dem Verfassungsstreit suchen, ließ Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi seinen Sprecher laut Nachrichtenportal "Ahram Online" mitteilen. Vorrangig solle es darum gehen, das Volk zu einen. Über konkrete Fragen der Politik wie etwa das umstrittene Verfassungsreferendum solle dagegen nicht gesprochen werden. An dem Treffen mit Sisi werde auch Präsident Mursi teilnehmen, hieß es aus Militärkreisen.

Auch Vertreter des wichtigsten Oppositionsbüdnisses sollen an dem Treffen teilnehmen. In der vergangenen Woche hatte bereits Mursi selbst oppositionelle Gruppen und Parteien zum Gespräch geladen und sich dabei eine brüske Abfuhr eingehandelt. Der Führer des links-liberalen Oppositionsbündnisses, Mohammed ElBaradei, erklärte damals, ein Dialog mit dem Präsidenten sei nicht mehr möglich, da dieser nicht bereit sei, Kompromisse zu schließen.

Unterdessen gingen erneut Gegner und Anhänger des Islamisten Mursi auf die Straße. Wie der arabische Sender Al-Dschasira berichtete, beteiligten sich am Dienstagabend in Kairo wieder Tausende an den Protesten für und gegen das von Mursi angesetzte Verfassungsreferendum. Die Demonstrationen seien weitgehend friedlich verlaufen.Vergangene Woche war es bei Protesten gegen mittlerweile aufgehobene Machtdekrete Mursis zu Straßenschlachten gekommen. Sieben Menschen wurden getötet, Hunderte verletzt.

Neue Massenproteste in Ägypten

Strengere Scharia-Gesetze befürchtet

Kritiker und Oppositionelle fürchten, dass die Regierung dem Land noch strengere Scharia-Gesetze verordnen will, was ihre Freiheit erheblich einschränken würde. Vor allem linke, liberale und nichtreligiöse Gruppen, aber auch weite Teile der christlichen Minderheit in Ägypten lehnen den von den Islamisten erarbeiteten Verfassungsentwurf ab. Sie forderten ihre Mitbürger auf, gegen den Entwurf zu stimmen oder das Referendum ganz zu boykottieren, weil Frauen- und Bürgerrechte bedroht seien. Kritik kommt auch von internationalen Menschenrechtsorganisationen.

Anhänger Mursis verweisen dagegen vor allem auf die Sicherheit, die eine neue, stärker am islamischen Recht orientierte Verfassung bringen würde. Diese Stabilität werde sich auch positiv auf die wirtschaftliche Erholung des Landes auswirken, heißt es.

GD/hp (afp, rtr, dapd, dpa)