1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Volksentscheid oder Verfassungsklage

Bettina Marx12. April 2012

Bis Mitte Juni sollen die europäischen Verträge zur Euro-Rettung vom Bundestag ratifiziert werden. Dagegen wollen Bürger und Juristen in Deutschland nun Verfassungsbeschwerde einlegen. Sie fordern ein Referendum.

https://p.dw.com/p/14cFH
Pressekonferenz des Vereins "Mehr Demokratie" Von links nach rechts: Roman Huber, Vorstand des Vereins Mehr Demokratie, die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin und der Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart. Der Verein informiert die Medienverteter über eine "Verfassungsbeschwerde zu ESM- und Fiskalvertrag: Bürger klagen für Volksentscheid". Foto: DPA
Bild: picture-alliance

"Volksentscheid! Sonst klagen wir". Unter diesem Motto hat sich ein Bündnis von Nichtregierungsorganisationen und Juristen zusammengefunden, das gegen den Eurorettungsschirm ESM und den europäischen Fiskalpakt vorgehen will. "Wir fordern ein Referendum in allen europäischen Staaten", sagte Roman Huber (in Foto links), Vorstand des Vereins "Mehr Demokratie" bei der Vorstellung der Initiative in Berlin.

"Wenn Parlamente nicht mehr gestalten, ist die repräsentative Demokratie in Gefahr und das wollen wir ändern", sagte er. Da aber die Parlamente selbst offensichtlich nicht mehr in der Lage seien, sich diesem Sog zu entziehen, müssten die Bürger "mit auf die Bühne." Sollte es nicht zu Volksentscheiden kommen, werde man vor dem Bundesverfassungsgericht klagen.

Fiskalpakt: Initiative will Volksentscheid erzwingen

Klage gegen ESM und Fiskalpakt

Der Europäische Rettungsschirm führe zu einer Vergemeinschaftung von Staatschulden und greife auf unzulässige Weise in die Rechte des Bundestages ein, erklärte der Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart (re.), der eine Verfassungsklage unterstützt. Der Fiskalpakt, der eine Schuldenbremse verbindlich vorschreibt, hebele zudem das Haushaltsrecht der Parlamente aus. Dies betreffe nicht nur den Bundestag, sondern auch die Landtage.

Darüber hinaus sei er zeitlich nicht befristet und nicht kündbar und dies sei mit den Grundsätzen demokratischer Selbstgestaltung des Parlaments nicht vereinbar. Beides zusammen, ESM und Fiskalpakt, führe letztendlich zu einem europäischen Bundesstaat, der einer stärkeren demokratischen Legitimation bedürfe. Damit sei der Rubikon überschritten, sagte Degenhart. Auch das Europäische Parlament habe keine Mitwirkungsmöglichkeiten. "Das heißt also, es wird auch das zarte Pflänzchen europäische Demokratie zertreten."

Der Vorsitzende Richter des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Vosskuhle (2.v.l.), verkuendet am Mittwoch (07.09.11) im Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe neben den Richtern des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts, Udo di Fabio (v.l.), Rudolf Mellinghoff und Michael Gerhardt, das Urteil ueber die Verfassungsmaessigkeit der milliardenschweren Euro-Hilfen Deutschlands. Das Bundesverfassungsgericht hat die milliardenschweren Euro-Hilfen Deutschlands unter Auflagen gebilligt. Die Karlsruher Richter verwarfen am Mittwoch mehrere Verfassungsbeschwerden gegen die Massnahmen zur Griechenland-Hilfe und zum Euro-Rettungsschirm. Foto: dapd
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wird sich mit ESM und Fiskalpakt beschäftigen müssenBild: dapd

Für ein demokratisches Europa

Der Staatsrechtler Degenhart ist zusammen mit der SPD-Politikerin Herta Däubler-Gmelin (großes Foto Mitte) Beschwerdeführer in Karlsruhe. Die Juristin und ehemalige Justizministerin unterstrich, dass sich die geplante Verfassungsbeschwerde nicht gegen Europa und nicht gegen den Euro richte. "Wir sind für ein demokratisches Europa", sagte sie. Däubler-Gmelin beklagte, dass die Mitwirkungsrechte der nationalen Parlamente zunehmend verloren gingen und auch nicht auf das Europäische Parlament übertragen würden. Sie finde es auch unmöglich, dass der Deutsche Bundestag bereits Ende März in erster Lesung über die Verträge beraten habe, obwohl die endgültige Fassung noch gar nicht vorliege.

Ausweichend antwortete Däubler-Gmelin auf die Frage, warum die SPD-Fraktion dem Rettungsschirm und dem Fiskalpakt im Bundestag zustimme. Diese Frage solle man an SPD-Fraktionschef Frank Walter Steinmeier richten, sagte sie. Es könne jedoch kein Zweifel darüber bestehen, dass die SPD für ein demokratisches Europa eintrete.