1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Volmers Visa-Verteidigung

Nina Werkhäuser, Berlin 21. April 2005

Im Visa-Ausschuss hat Ex-Staatsminister Volmer sich verteidigt - erstmals fand so etwas vor laufenden Kameras statt. Der Erlass für mehr Reisefreiheit nach Deutschland sei richtig gewesen. Für Missbrauch könne er nichts.

https://p.dw.com/p/6XiI
Live und in FarbeBild: AP

Der Grünen-Politiker Ludger Volmer, früher Staatsminister im Auswärtigen Amt, ist der erste Politiker, der in einem Untersuchungsausschuss vor laufender Kamera ausgesagt hat. Volmer gilt als eine Schlüsselfigur in der so genannten Visa-Affäre. Er verteidigte am Donnerstag (21.4.2005) den umstrittenen Erlass aus dem Jahr 2000, mit dem Konsularbeamten mehr Freiheit bei der Visa-Vergabe eingeräumt wurde. In der Folge war die Zahl der ausgegebenen Visa an vielen deutschen Botschaften im Ausland sprunghaft angestiegen.

Ziel: Familienbesuche ermöglichen

Ludger Volmer sagt im Visa-Untersuchungsausschuss aus
Mit Ludger Volmers Vernehmung wurde zum ersten Mal die Sitzung eines Untersuchungsausschusses live im Fernsehen ausgestrahltBild: AP

Volmer übernahm die Mitverantwortung an dem von ihm angeregten und später von Außenminister Joschka Fischer abgezeichneten Erlass. Er halte ihn aber "nach wie vor für richtig" und rechtmäßig, sagte Volmer am Donnerstag in einer zweistündigen Eingangsrede. Die Weisung sei nicht die Ursache für Missbrauch durch kriminelle Banden gewesen. Fischer soll im Untersuchungsausschuss des Bundestags am Montag (25.4.) vernommen werden.

Ziel des umstrittenen Erlasses sei nicht gewesen, die Einreisebestimmungen nach Deutschland generell zu lockern, verteidigte sich Volmer. Der Erlass enthalte zwar die Formel "in dubio pro libertate" (Im Zweifel für die Reisefreiheit). Aber nicht dieser Satz sei der Kernpunkt, sondern eine Reform im Sinne der Humanität und des Artikels 6 des Grundgesetzes (Schutz der Familie), sagte Volmer. Es sei darum gegangen, Besuche zwischen Familienmitgliedern zu ermöglichen.

Visa Untersuchungsausschuss Bundestag Berlin
Parlamentarier des Visa-Untersuchungsausschusses im Berliner Paul-Loebe-HausBild: AP

Altlast der Regierung Helmut Kohl

Das so genannte Reisebüroverfahren und die Reiseschutzversicherung hätten die Schleuser-Kriminalität befördert, aber diese Verfahren habe schon die Regierung Kohl eingeführt, sagte der Bundestagsabgeordnete der Grünen - er habe damit nichts zu tun.

Der Erlass stamme nicht aus seiner Feder, betonte der frühere Staatsminister, der zwischenzeitlich von sich in der dritten Person sprach: "Staatsminister Volmer war beteiligt, er verantwortet ihn mit, er findet ihn auch im Nachhinein noch richtig. Aber er hat ihn nicht geschrieben, er hat ihn erst recht nicht verfügt und erst recht nicht eigenmächtig."

Der Ausdruck "Volmer-Erlass" sei demnach nicht richtig und werde von den Medien und der Opposition häufig in diffamierender Weise gebraucht, so als sei er persönlich verantwortlich für den vielfachen Visa-Missbrauch und die Schleuser-Kriminalität, beklagte sich Volmer. Das sei eine "Rufmordkampagne". Und alle Vorwürfe, die Partei der Grünen oder die rot-grüne Koalition hätten das Ausländerrecht aushebeln wollen, seien "nichts anderes als totaler Humbug".

"Es kamen keine Beschwerden"

Visastelle der deutschen Botschaft in Kiew
Die Visa-Stelle der deutschen Botschaft in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Der Visa-Erlass soll Kriminelle nach Deutschland gelockt habenBild: AP

Ziel des Erlasses sei es gewesen, die Vergabe von Visa zu befördern, wenn Menschen etwa zum Besuch von Angehörigen oder zur medizinischen Behandlung nach Deutschland kommen wollten. Auch diesen Antragstellern sei ein Visum aber vor 1998 oft grundlos verweigert worden, so dass sich auf seinem Schreibtisch die Beschwerdebriefe gestapelt hätten - im Übrigen auch solche von Bundestagsabgeordneten der Opposition. Über den neuen Erlass seien von den Botschaften und aus dem Parlament zunächst keine Beschwerden gekommen, verteidigte sich Volmer. Auch die Medien hätten ihn nicht kritisiert.