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Vom Armenhaus zum High-Tech-Standort

Petra Tabeling17. Mai 2002

Irlands Wirtschaftsdaten können sich sehen lassen. Das Land liegt beim jährlichen Wachstum an der europäischen Spitze. Die Kehrseite ist eine hohe Inflationsrate.

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Wird Premier Bertie Ahern weiterhin für Wirtschaftswachstum sorgen?Bild: AP

Irland war jahrhundertelang das Armenhaus Europas. Auch als das Land 1973 in die Europäische Union eintrat, war die grüne Insel immer das große Sorgenkind, erhielt Subventionen in Milliardenhöhe. Doch die kleine Republik hat in ihrer Wirtschaftskraft mächtig aufgeholt.

Zu viel Wachstum?

Zu schnell, zu viel, finden die anderen EU-Länder. Im Jahr 2001 bereitete ihnen Irlands Wirtschaftsaufschwung Sorge. Die Inflation - im Jahr betrug sie 5,6 Prozent und im Jahr 2002 4,7 Prozent - gefährde die Preisstabilität der anderen Länder, so der Rat der EU-Finanzminister, und sprach im Februar 2001 offiziell eine Rüge aus.

Dabei sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Unternehmer und Arbeitnehmer in der EU einzigartig positiv - eine niedrige Körperschaftssteuer von derzeit zehn Prozent, erstklassige Ausbildungsmöglichkeiten, eine Arbeitslosenquote um die vier Prozent.

Irland lockt - vor allem deutsche Investoren

Mit ihrer Investitionspolitik und dem wichtigsten Element, der niedrigen Körperschaftssteuer, lockten die Iren seit den achtziger Jahren rund 1.200 internationale Investoren: Der amerikanische Softwaregigant Microsoft wählte die Insel als Produktionsstandort für Europa und der Chip-Hersteller Intel investierte zehn Milliarden DM. Dass es der irischen Wirtschaft so gut geht, verdankt es also nicht nur den Subventionen der Europäischen Union, sondern auch seiner Attraktivität für ausländische Investoren.

Auch Deutsche schätzen Irland nicht nur als attraktives Reiseziel, sondern auch wegen seiner Standortfaktoren: 1971 kam der erste deutsche Investor, die Firma Krups. Heute sind es bereits über 200 deutsche Firmen, die nicht nur Haushaltsgeräte, sondern auch Lithiumchips herstellen oder im Dienstleistungsbereich tätig sind und 15.000 Arbeitsplätze geschaffen haben.

Auswanderer kommen zurück

Arbeitsplätze genug im eigenen Land - eine völlig neue Situation für die klassische Nation der Emigranten. Keiner brauche mehr auszuwandern, meint Barry O'Leary, Europa-Direktor der irischen Wirtschafts- und Entwicklungsbehörde IDA mit Sitz in Frankfurt: "55.000 bis 60.000 Schulabgänger kommen im Schnitt jedes Jahr auf den Arbeitsmarkt, und jedes Jahr mussten 30.000 bis 40.000 Iren auswandern. Die kommen jetzt zurück. Zwei Drittel der Schüler studieren nun wirtschaftsbezogene Fächer. Ich glaube darin liegt das Erfolgsgeheimnis für die irische Wirtschaft."

Vor allem in fünf Bereichen sehen Investoren in Irland eine lukrative Zukunft: In der Pharmazie und der Medizintechnik, in der Informations- und Telekommunikations-Branche, in internationalen Dienstleistungen, E-Commerce und Software.

Auch Siemens, Cisco oder die Dresdner Bank profitierten von den irischen IT-Arbeitskräften und sorgten mit ihren dezentralen Standorten zugleich für eine ausgeglichene Infrastruktur, so O'Leary: "Von den Produktionsunternehmen sind nur sechs von 200 in Dublin tätig. Die meisten sind in den kleinen Ortschaften. Das ist sehr vorteilhaft, weil es nicht einfach ist Firmen an diese Standorten zu bringen."