1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Der Umgang mit Radikalen

Peter Philipp (dh)12. März 2009

Der Westen ist dabei, Einstellung und Verhalten gegenüber Gruppen zu ändern, die eben noch als "terroristisch" bezeichnet und als Parias behandelt wurden, meint Peter Philipp in seinem Kommentar.

https://p.dw.com/p/HALu
Hamaskämpfer, Hassan Nasrallah, Abdul Latif Hakimi , Foto: AP
Sollten Hamas, Hisbollah und Taliban zu Verhandlungspartnern werden?Bild: AP

US-Präsident Barack Obama meint, dass man mit "gemäßigten Taliban" vielleicht besser reden sollte, der britische Premier George Brown hat Anweisung gegeben, das seit Jahren befolgte Kontaktverbot mit der islamistischen "Hisbollah" im Libanon aufzuheben und auch gegenüber der palästinensisch-islamistischen "Hamas“ gibt es Aufweichungserscheinungen. Die Gründe für diese Entwicklung sind in den drei geschilderten Fällen durchaus unterschiedlich, sie lassen sich aber dennoch auf einen gemeinsamen Nenner bringen: Wenn man das erklärte Ziel nicht erreichen kann, dann muss man das Ziel neu definieren. In allen drei Fällen ist es nicht gelungen, die Islamisten loszuwerden und durch freiheitliche politische Bewegungen zu ersetzen. Im Gegenteil: Die Islamisten haben in den letzten Jahren an Macht gewonnen.

Auf dem Vormarsch

In Afghanistan sind die Taliban längst wieder auf dem Vormarsch und die Erfolgsaussichten des Kampfes zu ihrer Zerschlagung werden selbst von den Amerikanern zunehmend pessimistisch betrachtet. Im Libanon ist "Hisbollah“ in Folge des israelischen Krieges 2006 erstarkt und sogar wieder in die Regierung zurückgekehrt und in Palästina war die Entwicklung ähnlich: Bei aller Ablehnung der Islamisten von "Hamas" durch die Anhänger von Palästinenserpräsident Abbas werden diese nun offenbar Einzug halten in eine gemeinsame Regierung mit den Abbas-Leuten.

Peter Philipp
DW-Chefkorrespondent Peter Philipp

Kein Schwarz-Weiß Denken mehr


Der ehemalige amerikanische Präsident George W. Bush machte es sich dabei leicht: Sein Weltbild war dominiert von Schwarz und Weiß. Und wer nicht zur einen Seite gehörte, der stand nun einmal auf der anderen. Wer nicht bei den "Guten" war, der gehörte zu den "Bösen". Der Bush-Ausdruck von der "Achse des Bösen“ wurde zum Warenzeichen dieser Ideologie.

Obama will nun auch damit aufräumen und so mancher Politiker im Westen nimmt die Signale aus dem Weißen Haus dankbar zur Kenntnis. Mit der Schlussfolgerung, dass man mit den Radikalen man reden müsse, wenn man sie schon nicht besiegen könne. Man riskiert dabei, genau die Werte zu verraten, derentwegen man sich am Einsatz in Afghanistan beteiligt oder sich im Nahen Osten engagiert. Und man erfindet plötzlich den Begriff von "gemäßigten Taliban“, um das eigene Gewissen zu beruhigen.

Symbolbild Verhandlungsangebot Obamas an die Taliban
Obama spricht von den "gemäßigten Taliban", aber wer sind denn diese?Bild: AP / DW-Fotomontage

So, als gebe es "gemäßigte Gewalttäter" - um nur einen anderen Ausdruck zu benützen. Die "Taliban" haben während ihrer Herrschaft in Afghanistan hinreichend gezeigt, wie gewalttätig sie sind: Gegenüber Andersdenkenden, Andersgläubigen, gegenüber Frauen, um nur einige zu nennen. Und es gibt nicht den geringsten Grund anzunehmen, dass sie im Fall einer erneuten Machtübernahme bereit wären, sich zu ändern. Im Fall von "Hisbollah" ist ein Umdenken auch kaum zu erwarten: Die "Partei Gottes“ möchte den Libanon zu einem religiös geprägten Staat machen und damit die traditionellen und historischen Freiheiten im Lande beschneiden.

Sie müssen von ihrem Weltbild abrücken

Während Taliban und Hisbollah noch als "innenpolitische Probleme" definiert werden könnten, verhält es sich mit "Hamas" anders. Ihre Weigerung, Israels Existenzrecht anzuerkennen und einen Frieden auszuhandeln, macht es der Außenwelt unmöglich, "Hamas" als Partner zu akzeptieren. Weil die Welt Gruppen und Staaten nicht unterstützt, die andere Staaten zerstören wollen. Heute geht es um die Hamas und Israel, und vor Jahren ging es um den Irak Irak und Kuwait.

Die Forderung nach Gesprächen und Verhandlungen mit diesen Gruppen wird deswegen auch solange sinnlos und ergebnislos bleiben, wie diese von ihrem bisherigen Weltbild nicht abzurücken bereit sind. Ändern sie aber ihre ideologische Ausrichtung, dann sind sie nicht mehr, was sie bisher waren: "Gemäßigte Taliban“ gibt es deswegen nicht. Es kann – und muss - aber "ehemalige" Taliban oder Hamas oder Hisbollah-Anhänger geben, die als Gesprächspartner auch nicht abgelehnt werden dürfen, weil sie einem konservativen Islam anhängen. Solange sie sonst international anerkannte Grundsätze respektieren.