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Vom Strandkorb in den Plenarsaal

19. Juli 2012

Sommerwind, Sand und sonstige Urlaubsfreuden müssen die Bundestagsabgeordneten eintauschen gegen Berliner Plenarsaalluft. Sie stimmen über Hilfsgelder für Spaniens Banken ab.

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Strandkorb auf der Nordseeinsel Sylt (Foto: dpa)
Bild: Fotolia/PictureArt

"Nicht so weit rausschwimmen", hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert genüsslich gemahnt. Und vor allem: das Handgepäck immer bereit halten. Die Abgeordneten wussten vor Beginn der Sommerpause, dass sie möglicherweise ihren Urlaub unterbrechen müssen, um an einer Sondersitzung zu den Spanienhilfen teilzunehmen. Und genau so ist es nun gekommen. Die Fraktionsmitglieder von CDU/CSU und FDP erholen sich weitgehend in deutschen oder europäischen Gefilden. Aber auch da treten zuweilen Widrigkeiten auf, die es schwer machen, rechtzeitig in Berlin zu sein. Otto Fricke und Hermann Otto Solms von der FDP tummeln sich zur Zeit auf der Nordseeinsel Juist. Und dort hoffen sie nun auf die Flut, damit die Fähre sie pünktlich ans Festland spült.

In der SPD haben einige Abgeordnete dem Fernweh nachgegeben. Einer tourt durch die Rocky Mountains und schafft es nicht bis heute nachmittag im Bundestag zu sein, ein anderer steckt auf Sardinien fest.

Mehrheit gilt als sicher

Werden die Abgeordneten das Hilfspaket für Spaniens Banken absegnen? Das ist anzunehmen, denn ein Großteil der Opposition hat angekündigt zuzustimmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel rechnet mit einer breiten Mehrheit. Aber ob sie die sogenannte Kanzlermehrheit bekommt, die sich allein aus der Zustimmung der Koalitionsfraktionen ergibt, ist unsicher. Dafür müßten mindestens 311 der 620 Abgeordneten mit "ja" stimmen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält das für unproblematisch. Dies sei lediglich eine symbolisch wichtige Mehrheit. Bei den Spanienhilfen sei die einfache Mehrheit ausreichend. FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte dazu: "Wir wählen heute keine Kanzlerin".

Bundestag stimmt Spanien-Hilfe zu

Deutschland soll nicht wieder nur Zahlmeister sein

Vielen Abgeordneten fällt es nicht leicht, über das 100-Milliarden-Euro-Stützungspaket für spanische Banken abzustimmen. Sie haben Bedenken, das Geld werde niemals zurückgezahlt, auch wenn der spanische Staat dafür haften muß. Um ihre Bedenken auszuräumen, beantwortete Finanzminister Schäuble dem Haushaltsausschuss des Bundestags am Mittwochabend zahlreiche Fragen. Nicht alle waren anschließend überzeugt. Die Grünen-Politikerin Priska Hinz sagte, sie halte die Hilfen zwar für "grundsätzlich richtig". Aber sie wüsste gern, inwieweit das Parlament bei weiteren Entscheidungen beteiligt wird. Der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider will kurzfristig entscheiden, ob er zustimmt oder nicht. Er sei für die Spanienhilfe, aber dagegen, dass nur wieder "die Zockerbanken gerettet werden".

Insgesamt zeichnete sich ab, dass die Mehrheit der Abgeordneten zustimmen wird. Lediglich die Partei Die Linke ist geschlossen dagegen.

Geld für Spaniens Banken

Bis zu 100 Milliarden Euro sollen spanische Banken bekommen. Das Geld stammt aus dem bisherigen Euro-Rettungsschirm EFSF und soll dann vom dauerhaften Rettungsfonds ESM übernommen werden. Der deutsche Anteil an den Garantien liegt bei knapp 30 Prozent. Die Finanzhilfen gehen jedoch nicht direkt an die maroden Banken, sondern an den staatlichen spanischen Bankenrettungsfonds FROB. Der reicht es an die Geldinstitute weiter. Das bedeutet, wenn Banken pleite gehen, haftet der spanische Staat.

Kein Geld ohne Gegenleistung

Die Finanzhilfen aus dem Euro-Rettungsschirm sind mit Auflagen verbunden. Die Banken müssen Restrukturierungsprogramme vorlegen. Die EU-Kommission überprüft und genehmigt sie, wenn sie ausreichend sind. Für alle Institute gilt: sie müssen ihr Kernkapital erhöhen. Außerdem werden die Gehälter der Bankmanager gekürzt.

cd/sc (dpa, afp, rtr)