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Neu im Kino: "Die Hummel"

29. August 2010

Freunde und Bekannte sind vor allem Kunden: Sebastian Stern stellt einen Kosmetik-Vertreter in den Mittelpunkt seines Films. Im DW-Interview verrät er, warum er sich gerade mit dieser Berufsgruppe beschäftigt hat.

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Sebastian Stern auf Bank mit DW-Mikro (Foto: Jochen Kürten)
Sebastian Stern im DW-GesprächBild: DW

DW-WORLD.DE: Was hat Sie veranlasst, ausgerechnet einen Vertreter für Schönheitsprodukte in den Mittelpunkt Ihres Films zu stellen?

Sebastian Stern: Ich bin auf die Idee gekommen, einen Film über einen Kosmetik-Vertreter zu machen, weil ich – auch im Bekanntenkreis - gehört habe, wie Leute so etwas gemacht haben. Sie haben mir auch von diversen tragischen und komischen Situation erzählt, in die sie geraten sind. Also zum Beispiel, wie sie üben mussten, wie man Frauen anspricht und Komplimente macht. Auch, wie man die persönlichen Bekanntschaften, die man hat, benutzen soll als potentiellen Kundenkreis. Das hat mich interessiert, weil das alles eine gewisse Bitterkeit in sich trägt. Dass man Freundschaften oder Bekanntschaften benutzt um Geschäfte zu machen. Das fand ich gleichzeitig aber auch so skurril und absurd, dass es meinem Wunsch, eine lakonische Komödie zu machen, entgegen kam.

Mann mit Mikro neben Band auf der Bühne - Szene aus "Die Hummel" (Foto: movienetfilm)
Auch ein kleiner Vertreter darf mal auf die große Bühne - Jürgen Tonkel in "Die Hummel"Bild: movienetfilm


Es gibt im Moment sehr viele Filme über Arbeitswelten, mit Hauptdarstellern, die sich in skurrilen, aber auch ernsten Arbeitssituationen befinden. War das für sie auch so ein dringliches Thema, Menschen in der Arbeitswelt zu zeigen? Menschen, die unter Druck stehen, der auch ins Privatleben ausstrahlt?

Vielleicht ging es mir nicht so sehr um die Arbeitswelt an sich. Aber es ging mir natürlich darum, jemanden zu zeigen, der mit der Angst und auch der Realität seines eigenen Scheiterns konfrontiert wird. Einen Film über Scheitern zu machen, fand ich reizvoll, weil es auch eine Angst ist, die viele von uns mit sich rumtragen. Ich schließe mich da nicht aus. Gerade wenn man einen Film macht, ist es eine Angst, die man sicher immer ein bisschen dabei hat. Ich konnte mich da reinfühlen. Allerdings wollte ich auch einen Film machen über Scheitern, in dem man auch lachen kann. Einen Film mit Humor und Komik und Melancholie. Ich finde, der Film hat im besten Sinne etwas "Blusiges". Es war mir sehr wichtig, einen solchen Ton zu treffen.

Frau mit Wunderkerze am Tisch - Szene aus "Die Hummel" (Foto: movienet Film)
Alte Freundinnen werden fürs Geschäft umgarntBild: movienetfilm

Wie sind Sie zu dem Titel des Films "Die Hummel" gekommen?


In Marketing-Schulungen ist das eine oft zitierte Metapher: Die Hummel ist auf Grund ihres Körperbaus und ihrer Flügelbeschaffenheit und weil sie so dick ist, eigentlich gar nicht in der Lage zu fliegen. Das Glück der Hummel ist nun, dass sie das nicht weiß und einfach fliegt. Im Prinzip haben wir das auf die Hauptfigur übertragen, aber auch auf viele andere Figuren in dem Film. Es geht um Menschen, die rausfinden, dass sie das Leben, das sie führen, bei dem sie sich auf dem falschen Gleis befinden, eigentlich gar nicht führen müssten. Sobald sie diese Einsicht gewinnen, haben sie die Freiheit, es zu lassen. Von daher fand ich die Hummel als Bild eigentlich ganz schön.

Mann und Frau als Paar vor Landschaft - Szene aus "Die Hummel" (Foto: movienetfilm)
Am Ende wartet dann doch noch das Glück - allerdings ohne den Beruf!Bild: movienetfilm

Es gibt in Ihrem Film sehr viele Nebenfiguren. Die Familienmitglieder werden mit kleinen Nebenhandlungen eingeführt. Inwiefern war es Ihnen wichtig, sich nicht nur auf die Hauptfiguren zu konzentrieren?

Ich mag Filme unglaublich gerne, die so eine kleine Welt erschaffen. Wo man das Gefühl hat, man geht aus dem Kino raus und hat nicht nur die Geschichte von einer Person mitbekommen. Man ist in eine kleine Welt eingetaucht. Dazu benutze ich beim Erzählen gern Nebenfiguren. Deren Geschichten angerissen, aber nicht unbedingt immer auserzählt werden. Wo man das Gefühl hat, dass die Nebenfiguren ein Eigenleben führen. Das wird auch in den Neben-Sequenzen erzählt. Da kann man elliptisch erzählen, mit Auslassungen. Man bekommt das Gefühl, eine ganze Welt, einen Kosmos zu betrachten. Wir als Zuschauer gucken nur ausschnittsweise rein. Das Leben würde trotzdem weiter bestehen, auch wenn die Kamera gerade nicht auf die Figuren gerichtet ist. Wenn ein Film dieses Gefühl zu erzeugen schafft, ist das großartig. Das wollte ich mit der "Hummel" auch versuchen.

Das Gespräch führte Jochen Kürten

Redaktion: Gudrun Stegen