1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gediegene Metallverarbeitung

Ernst Weber11. August 2008

Von einer kleinen Eisenhütte über die Rüstungsschmiede zum führenden Nutzfahrzeughersteller: MAN ist eines der ältesten europäischen Industrieunternehmen. In diesem Jahr wird das Unternehmen 250 Jahre alt.

https://p.dw.com/p/Eul9
Mann hantiert an einem großen Schiffsmotor in einer Werkhalle (Quelle: AP)
Nach MAN-Angaben fährt weltweit beinahe jedes zweite Schiff mit einem Motor der Metallbauer aus MünchenBild: AP

Die Maschinenfabrik Augsburg Nürnberg kennt wohl kaum jemand. Was sich hinter dem Kürzel MAN verbirgt ist tatsächlich auch Nebensache: Denn neue Standorte waren genauso wie der häufige Wandel in der Produktpalette ein Kennzeichen des Unternehmens. Mit Flexibilität und Aufgeschlossenheit gegenüber Innovationen überstand MAN Krisen und Kriege. Wie alles begann erläutert Pressesprecher Andreas Lampersbach: "MAN ist entstanden als Eisenhütte im Ruhrgebiet, in Oberhausen. Die ersten Produkte waren Kochtöpfe und Bratpfannen. Das war im Prinzip ein Handwerksbetrieb mit acht bis zehn Mitarbeitern." Bis daraus ein großer Konzern geworden war, habe es noch einige Jahrzehnte gedauert. "Wir sind erst 1840 hier in Bayern entstanden", sagt Lampersbach.

Gutehoffnungshütte, kurz GHH, hieß das Unternehmen aus dem der heutige DAX-Konzern hervorgegangen ist. Die Gutehoffnungshütte war ein klassischer Montanbetrieb. Nach dem ersten Weltkrieg kaufte sich der damalige Vorstandsvorsitzende, Paul Reusch, im großen Stil bei diversen Maschinenbauunternehmen ein. Unter anderem erwarb er auch die Mehrheit an der MAN.

MAN früher: Gegen Demokratie, für Aufrüstung

Alter Motor (Quelle: MAN)
Ein U-Boot-Dieselmotor von 1917Bild: MAN-Pressebild

Durch das weitverzweigte Industriekonglomerat, das Paul Reusch in den 1920er Jahren aufbaute, wurde er nach Aussagen des Historikers Johannes Bähr zu einem der einflussreichsten deutschen Wirtschaftbosse jener Zeit: "Paul Reusch war in der Weimarer Republik der führende Kopf der radikalen Schwerindustriellen, die gegen die Demokratie und die auch ganz entschieden für die Wiederaufrüstung waren."

Obwohl Reusch einen autoritären Staat wollte und sein Industriekonglomerat von Rüstungsaufträgen enorm profitierte: Mit den Nationalsozialisten kam der Industrielle nicht klar. "Die NSDAP hat versucht, in den Betrieben Einfluss zu nehmen und das war etwas, was Reusch nicht hinnehmen wollte. Er ist nicht in die Partei eingetreten und war sicherlich auf Distanz zum Regime", sagt Bähr.

1942 sorgten die Nazis dafür, dass Reusch seinen Vorstandsposten räumen musste. Der bereits 65-jährige Schwabe zog sich daraufhin verbittert auf sein Landgut bei Stuttgart zurück. Nach dem Krieg wurde der von Reusch geformte Konzern zerschlagen. Das Unternehmen habe sich zwar vehement gegen diese Entflechtung gestemmt. Doch als zehn Jahre später die Kohlenkrise im Ruhrgebiet begann, sei die Gutehoffnungshütte davon kaum betroffen gewesen, erläutert Bähr. Die Hütte "profitierte dagegen von ihrem boomenden Lastwagenbau der MAN in München."

"Jedes zweite Schiff fährt mit MAN-Motoren"

Mann hinter Pult vor einer Präsentation (Quelle: MAN)
MAN-Vorstandsvorsitzender Hakan SamuelssonBild: MAN-Pressebild

Heute ist die MAN einer der führenden Nutzfahrzeughersteller. Weltweit arbeiten rund 55.000 Menschen für den Konzern, der seit 1986 seinen Hauptsitz in der bayerischen Landeshauptstadt hat. Hauptaktionär ist seit knapp zwei Jahren die Volkswagen AG. Die Wolfsburger halten 29,9 Prozent an der MAN. Der Rest der Aktien ist im Streubesitz.

Der Verkauf von Lastwagen ist bis heute der wichtigste Geschäftsbereich der MAN geblieben. Gut zehn Milliarden Euro Umsatz hat der Konzern mit seinen Nutzfahrzeugen im vergangenen Jahr erwirtschaftet. Außerdem stellt MAN Turbinen, Kompressoren und Motoren für Flugzeuge und Schiffe her. "Etwa jedes zweite Schiff auf den Weltmeeren wird mit einem MAN-Motor angetrieben – vom größten Container-Schiff bis hin zu Kreuzfahrtschiffen", sagt MAN-Sprecher Lampersbach. Den Luxus-Liner Queen Elizabeth II nennt er als Beispiel. Das Schiff hat MAN-Motoren aus Augsburg im Bauch. Bis zu 110.000 PS stark. Ein Motor ist 35 Meter lang, 17 Meter hoch.

Herausforderung Ölpreis

Für eine Firma, die ihr Geld in erster Linie mit Schiffsdieseln, Turbinen und Nutzfahrzeugen verdient, stellen die derzeit hohen Treibstoffkosten eine besondere Herausforderung dar. Doch Konzernsprecher Wieland Schmitz ist zuversichtlich, dass das Traditionsunternehmen auch in den kommenden Jahren gute Geschäfte machen wird. Für alle, die mit Transport arbeiten und auf Ölpreise angewiesen sind, sei der Ölpreis ganz klar eine Belastung, sagt er. Doch andererseits "haben [wir] auch große Nachfrage aus dem Mittleren Osten und aus Russland, wo ja die Ölpreise gerade dazu führen, dass bei denen die Wirtschaft zur Zeit explodiert – ob das zum Ausgleich führt, das kann man im Moment noch nicht sagen."

Der Konzern, der als kleiner Handwerksbetrieb in Oberhausen begann, operiert heutzutage auf allen wichtigen Weltmärkten. Mit diversen Fusionen, Übernahmen und Änderungen der Produktpalette hat MAN es geschafft, ein Vierteljahrtausend zu überdauern. Ein bemerkenswertes Jubiläum, vor allem wenn man bedenkt, dass die Mehrheit der Firmen in Deutschland im Schnitt nur 20 Jahre alt wird.