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Von der Qual der Wahl

Melanie Aberle28. Oktober 2004

In den letzten Tagen vor der Wahl steht Washington Kopf. Am Dienstag ist der große Wahltag und am Wochenende steht auch noch Halloween ins Haus. Party, Horror oder beides zusammen?

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Bereits jetzt sieht man verrückt kostümierte Amerikaner in der U-Bahn sitzen - auf dem Weg zu einer Pre-Halloween Party. Der Präsidentschaftswahlkampf an sich wühlt den Amerikaner schon auf und das Halloween-Wochenende dient jetzt sozusagen als Aufwärmübung für die große Wahlnacht am Dienstagabend.

Das löst einen gewissen Stress aus - einmal muss "Average Joe" sich überlegen, für welches Halloween-Kostüm er sich entscheidet und dann braucht er natürlich noch eine Einladung zu einer Halloween-Party. Ähnlich läuft es in der Wahlnacht ab: Erst überlegt man sich, wem man seine Stimme gibt und dann, zu welcher Election-Party man geht.

Jede Maske zählt

Dieses Jahr sind unter den bisher verkauften Halloween-Kostümen Masken von Herrn Bush und Herrn Kerry der Renner. Bisher konnten Händler mehr Masken des amtierenden Präsidenten verkaufen - und das spricht für einen erneuten Bush-Sieg, schaut man sich die Verkaufszahlen von Präsidentenmasken in der Vergangenheit an.

Aber die politischen Teesatzleser deuten nicht nur die meist verkaufte Präsidentenmaske als Indiz für den Wahlausgang. Bei der diesjährigen Präsidentschaftswahl dient auch der unerwartete Sieg der "Boston Red Sox" als Zeichen. Seit 1918 hat das Underdog-Baseballteam aus Boston keinen World Series-Sieg mehr verbuchen können, und trotz pessimistischer Prognosen von Experten triumphierten sie mit vier gewonnen Spielen in Folge. Überträgt man das auf die Präsidentschaftswahl, hat John Kerry, der auch aus Boston ist - trotz schlechter Maskenverkäufe - am 2. November gute Karten.

Halloween und Wahlkampf innerhalb von drei Tagen bedeutet vor allem auch ein riesiges Umsatzplus für die ansässigen Kostümverleiher, Supermärkte, Bars und Werbeartikelhersteller. Im Eiscafe gibt es den Election Sundae - eine Eisvariation bei der man wählen kann, ob ein Schokoladenesel oder ein Schokoladenelefant das Eis zieren soll. Zur Erklärung: Der Esel ist das traditionelle Symbol der Demokraten, der Elefant das der Republikaner. Ein anderer Leckerbissen sind die Election Cookies, die eine Bäckerei in Washington anbietet. Auch hier liegt Bush knapp vor Kerry.

Schwere (Aus)wahl

Dass politische Werbeartikel bei Wahlen der Renner sind, ist nichts Neues. Aber das diesjährige Ausmaß an Wahlartikeln gab es noch nie, erzählt der Inhaber eines Souvenir-Shops in der Nähe des Weißen Hauses. Ob Aufkleber, Kalender, Sticker, Boxsäcke oder Ketchupflaschen: Die Auswahl der Wahlwerbeartikel ist weitaus facettenreicher als die Auswahl an Wahl-Kandidaten. Eins steht aber bereits fest: aus wirtschaftlicher Perspektive ist die Wahl 2004 schon jetzt ein voller Erfolg.

Mit Ausnahmen: Einige Amerikaner versuchen kurz vor dem Wahltag mit weniger Erfolg, Umsatz aus der Wahl zu schlagen. Auf der Internetauktionsseite Ebay hatte ein 24-Jähriger aus Missouri ungewöhnliches angeboten: Zu ersteigern gab es seine Stimmabgabe, die er je nach Wunsch des Höchstbietenden entweder für Präsident Bush oder Senator Kerry abgeben wollte. Leider ohne Erfolg, denn ihm droht nun ein Verfahren wegen Ordnungswidrigkeit.

Meine Nachbarin ist schon jetzt mit den Nerven am Ende: Die Planung für ihre After-the-Election-Party lässt ihr keine ruhige Minute. Als überzeugte Kerry-Anhaengerin will sie ihr gesamtes Haus mit Kerry-Fahnen schmücken, Kerry's Lieblingsmusik soll gespielt werden und dann muss noch das passende Outfit zusammengestellt werden - möglichst in blau, der Farbe der Demokraten.

Normalität wird wohl erst wieder nach dem 2. November eintreten, wenn die Amerikaner den Halloween- und Wahl-Party-Marathon überstanden haben, es sei denn auch der Wahlakt selbst geht - wie vor vier Jahren - in die Verlängerung.