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Von Falken und Tauben

Udo Bauer29. August 2002

US-Präsident Bush lässt Regierungsmitglieder zum Krieg gegen Irak trommeln - er selbst habe sich wohl noch nicht entschieden. Uneins ist auch der Rest des politischen Washingtons, berichtet DW-TV-Korrespondent Udo Bauer.

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Vizepräsident Cheney und Verteidigungsminister Rumsfeld sind selten um deutliche Worte verlegen. Cheney verkauft es als Tatsache, dass Saddam Hussein schon bald Nuklearwaffen zur Verfügung hat. Und Rumsfeld behauptet "ohne Zweifel", Irak beheimate El-Kaida-Terroristen.

Beweise indes bleiben beide schuldig. Braucht man offenbar auch nicht mehr in der politischen Debatte, zumindest wenn man mit den Falken fliegt. "Die Beweislage gegen Saddam liegt doch auf der Hand," so meinte neulich der Fraktionschef der Republikaner im Repräsentantenhaus, Tom DeLay. Daher hätten die USA "keine andere Wahl", als dem Diktator mit Gewalt die Macht zu entziehen.

Moralische Verantwortung

Am besonnensten im Lager der Kriegsbefürworter äußert sich da noch Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice. Sie sieht die USA in einer "moralischen Verantwortung" und begründet ein gewaltsames Vorgehen im historischen Kontext. Millionen von Menschen, die gewaltsam getötet wurden, wären noch am Leben, wären die USA fruehzeitiger gegen Diktatoren vom Schlage Saddams vorgegangen, meinte sie kürzlich und liess keinen Zweifel daran erkennen, dass von Saddam Hussein "eine globale Bedrohung" ausgehe.

Einer ihrer Vorgänger im Amt, Brent Scowcroft, verweist hingegen auf die Gefahren, die ein Krieg gegen Irak birgt, und zwar für die Stabilität im Nahen Osten und für die internationale Anti-Terror-Koalition.

Militärs warnen

Wenn man sich in Washington die Gruppe der Tauben anschaut, dann fällt eins besonders auf. Diejenigen, die am eindringlichsten vor einem schnellen Krieg gegen Irak warnen, sind ehemalige Militärs. Der ehemalige Golfkriegsgeneral Norman Schwarzkopf meinte zum Beispiel, die USA bräuchten unbedingt eine breite internationale Koalition. Und der ehemalige Nahost-Unterhändler und Ex-General Anthony Zinni ging noch einen Schritt weiter. Die USA seien gut beraten, zunächst einmal an einer Friedenslösung fuer Palästina zu arbeiten und gegen El-Kaida vorzugehen, bevor sie sich Saddam vornehmen. "Wir müssen damit aufhören, uns unnötig Feinde zu machen." Es sei doch interessant, so Zinni weiter, dass alle Generäle dies genauso sähen, und "dass alle anderen, die nie im Leben einen Schuss abgefeuert haben, heiß auf einen Krieg sind."

Jahrelanges Engagement nötig

Warnende Worte auch von Henry Kissinger, der in Amerika immer noch als so etwas wie der Guru der Außenpolitik gilt. Bevor sich das Land in einen Krieg stürze, so schrieb er Mitte August in einem Gastkommentar der 'Washington Post', "müssen wir bereit sein, so lange es nötig ist, die Sicherheit im Nach-Saddam-Irak zu garantieren." Damit sprach Kissinger einen Punkt an, über den noch kein Politiker der Regierung laut nachgedacht hat. Niemand hat bisher gesagt, dass es teurer wird, den "neuen" Irak zu stabilisieren, als den Krieg zu führen. Experten diverser Think Tanks rechnen mit zweistelligen Milliardensummen pro Jahr für den Wiederaufbau und die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung im Irak. In den nächsten Monaten wird sich herausstellen, ob der Kongress wirklich bereit ist, diesen Preis zu bezahlen. Angesichts des bedrohlichen Haushaltsdefizits koennte die Kriegsbegeisterung so manchen Politikers schwinden.

Allein gegen den Rest der Welt?

Zwar wird zur Zeit unter Juristen kräftig über die Frage gestritten, ob der Kongress in Sachen Irakkrieg überhaupt mitentscheiden kann, aber eins ist klar: Präsident Bush kann nicht gänzlich im Alleingang Krieg führen - gegen den Willen der internationalen Alliierten und gegen den Willen des Kongresses. Das wäre politischer Selbstmord. Deswegen schickt er im Moment seine Wadenbeißer vor, um das Terrain zu testen. Er selbst - wie gesagt - hat sich ja noch nicht entschieden.