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Von Ferrari lernen - Italiens neue Wege

Manuela Kasper-Claridge14. Juni 2012

Ferrari-Chef Montezemolo ist einer der bekanntesten italienischen Unternehmer. Vor kurzem startete er eine private Zugverbindung zwischen italienischen Metropolen. Und er hat politische Ambitionen.

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Luca Cordero di Montezemolo, Präsident von NTV, vor einem Hochgeschwindigkeitszug (Foto: EPA/MAURIZIO BRAMBATTI) pixel
Bild: picture-alliance/dpa

Die Viale del Policlinico ist eine stark befahrene Straße im Zentrum Roms. Hier hat die Kommunistische Partei Italiens, KPI, ebenso ihren Sitz wie die staatliche Eisenbahngesellschaft und ein neues Unternehmen mit namens "Nuovo Trasporto Viaggiatori", kurz NTV. Die Firma mischt den italienischen Bahnverkehr seit Ende April mit dem "Italo" auf: ein Zug, der vielen als der Ferrari unter den Eisenbahnen gilt. Leuchtend rot verbindet er mit rasender Geschwindigkeit Metropolen wie Rom, Mailand, Neapel oder Venedig und macht so der trägen und oft unpünktlichen staatlichen Eisenbahngesellschaft "Trenitalia SpA" Konkurrenz. 82.000 Passagiere nutzten das private Eisenbahnangebot bereits in den ersten vier Wochen.

Luca Cordero di Montezemolo, Präsident von NTV, gerät ins Schwärmen, wenn er über seinen Zug spricht. "Sie können beim Fahren Kinofilme schauen, es gibt Fernsehen, sie haben W-Lan und einen zuvorkommenden Service. 1000 junge Menschen haben wir eingestellt, das Durchschnittsalter liegt bei 28 Jahren. Wir haben 25 Hochgeschwindigkeitszüge von Alstom gekauft und die Züge von einem bekannten italienischen Designer gestalten lassen."

Sorge um die Zukunft des Landes

Die Augen des 65-jährigen leuchten. Mit großen Gesten erzählt der Mann, der früher auch Rennen fuhr, wie er das Unternehmen gemeinsam mit Freunden, darunter Diego Della Valle, Inhaber der Tods Group, aufgebaut hat. Eine Milliarde Euro wollen die vier italienischen Industriellen investieren und damit zeigen, dass es in Italien auch ohne den Staat geht. Montezemolo ist der bekannteste unter ihnen. Der Italiener mit Adelstitel ist auch Chef von Ferrari und bei fast jedem Formel 1 Rennen dabei. Außerdem war er mal Chef von Fiat und Präsident des italienischen Industrieverbandes.

Zwei Züge des Hochgeschwindigkeitszuges "Italo"
Die roten Züge von NTVBild: picture-alliance/dpa

Die Deutsche Welle empfängt Montezemolo ganz bewusst in den Räumen von NTV, seinem neuesten Vorzeigeprojekt. Der charmante Italiener, der lange als Lebemann galt, gibt sich heute bewusst nachdenklich. Ihn treibe die Sorge um die Zukunft seines Landes.

"Schauen Sie, Italien hat so viel zu bieten: gutes Design, Innovationen, eine industrielle Basis. Aber daraus machen wir nicht genug", so Montezemolo. Um Italiens Zukunft zu sichern, müssten deshalb Entscheidungen getroffen werden. "Weniger Staat, mehr Markt. Die öffentlichen Ausgaben müssen reduziert und Innovationen gefördert werden."

Geht Montezemolo in die Politik?

Montezemolo ist einer der prominentesten italienischen Unternehmer. Seine Kritik am verkrusteten italienischen System findet ein großes Echo in der Presse. Denn der Manager hat bereits 2009 einen Think Tank unter dem Namen "Italia Futura" gegründet. Für diesen arbeiten renommierte Experten aus unterschiedlichen Gesellschaftsbereichen und entwickeln eine Vision für Italien.

Der italienische Unternehmer Luca Cordero di Montezemolo; 08.06.2012, Rom; Copyright: DW/Manuela Kasper-Claridge
Luca Cordero di MontezemoloBild: DW

"Wo will Italien in fünf Jahren sein? Nicht in 20 Jahren, sondern schon in fünf Jahren. Darüber reden wir", sagt Montezemolo. Auf die Frage, ob sich seine Denkfabrik "Italia Futura", die Zukunft Italiens, zu einer eigenständigen politischen Partei entwickeln könnte, antwortet er mit einem klaren "No". Dann zögert er einen Moment und ergänzt "zumindest jetzt noch nicht". Dabei wird in Rom schon lange darüber diskutiert, ob Montezemolo mit seinem Think Tank in die Politik geht. Doch Montezemolo sieht sich nicht als Politiker, noch nicht.

Die schlechte Wirtschaftsentwicklung, die hohe Verschuldung Italiens und die Eurokrise sorgen ihn, sagt er. Mit der Regierung der Technokraten unter Premierminister Mario Monti ist er nicht mehr zufrieden. "Der Reformeifer ist erlahmt", kritisiert Montezemolo und fordert neue Leute für die Politik. "Wir brauchen junge Menschen mit Leidenschaft. Menschen, die etwas für ihr Land tun wollen, die neuen Wege gehen und Klartext reden."

Teamgeist für Europa

Für die Eurozone fordert er "team spirit". Montezemolo hat in den USA studiert und spricht fließend Englisch. "Italien, Frankreich, Deutschland und auch Spanien müssen an einem Strang ziehen. Sie sollten eine gemeinsame politische Strategie für Europa entwickeln." An die Adresse Deutschlands gerichtet, sagt er: "Wenn einer schwach ist, muss der Stärkere helfen - vorausgesetzt, alle halten sich an dieselben Regeln." Ein Europa der zwei Geschwindigkeiten ist für Montezemolo keine Option.

Dass Italien mehr kann, als es im Moment liefert, davon ist der Unternehmer überzeugt. Dafür sei seine neue private Eisenbahngesellschaft das beste Beispiel. "Besserer Service, bessere Preise, ein besseres Produkt, das zeigen wir." Schon ab 2014 will Montezemolo mit seinen Zügen Gewinne machen. Angesichts der Wirtschaftslage ein ambitioniertes Ziel.

Auf die Verbindung zu Ferrari angesprochen, lacht Montezemolo und meint: "Innovationen liefern und Herausforderungen annehmen", das verbinde den "Italo" mit Ferrari. Diese Fähigkeiten wünsche er sich auch für Italien. "Wenn wir so unsere Exzellenz zeigen, dann sind wir auch ein starker Partner für Europa."