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Ins Autos setzen und los

19. Dezember 2009

Knapp 20 Jahre lang brauchten Serben ein Visum, um in die EU zu reisen. Das wird sich nun ändern. Die Visapflicht ist aufgehoben und die meisten Serben freuen sich auf ihre wiedererlangte Reisefreiheit.

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Symbolbild eines Visums (Foto: picture-alliance/chromorange)
Wer braucht ein Visum für die EU und wer nicht? Im Balkan gibt es da UnterschiedeBild: picture-alliance/chromorange

Das Café "Greenet" in einer kleinen Seitenstraße im Zentrum von Belgrad ist beliebt: Hier treffen sich viele junge Serben. Sie sehen aus wie ihre Altersgenossen aus Brüssel oder Berlin - doch es gibt einen Unterschied: Viele von ihnen haben noch nie Gleichaltrige im Ausland kennen gelernt.

Keine Schlangen mehr vor den Botschaften

Nikola Pasic Platz in Belgrad(Foto: Marina Maksimovic)
Von Belgrad in die EU zu reisen wird einfacherBild: DW

Zum einen fehlt es den Studenten an Geld. Zum anderen stand zwischen ihnen und der EU bislang ein Visumantrag. Seit 1991 brauchen die Bürger des damaligen Jugoslawiens Visa, um in die Union zu reisen. Während die Einschränkungen für Slowenen und Kroaten schnell abgeschafft wurden, mussten Serben, Bosnier, Montenegriner, Mazedonier und Kosovaren weiterhin vor europäischen Konsulaten Schlange stehen.

Die meisten Serben freuen sich, dass diese Zeiten nun vorbei sind. Ab dem 19. Dezember 2009 dürfen sie bis zu 90 Tage ohne Visum in die Europäische Union reisen. In Serbien überbieten sich jetzt die Fluggesellschaften mit Aktionsangeboten für die ersten visumfreien Monate. Für knapp 100 Euro können die Serben nach Frankfurt und zurück fliegen.

Reisefreiheit statt Willkür

Eine EU-Flagge und ein serbischer Pass (Foto: N. Jakovljevic / DW)
Mehr als einen Pass brauchen die Serben nicht mehr, um in die EU zu fahrenBild: DW

Die Visumfreiheit erleichtert vieles, denn die Einreisebedingungen waren sehr streng und die Entscheidungen der Konsulate nicht immer nachvollziehbar. Wenn ein Antrag abgelehnt wurde, habe die Botschaft keine Begründung dafür gegeben, sagt Alexsandar. Er war vor einigen Jahren als Student für ein sechsmonatiges Praktikum nach Italien eingeladen worden und hat diese Reise nie angetreten. Die bürokratischen Hürden seien zu hoch gewesen, sagt er.

Bürgerrechtler bemängelten, Großeltern seien daran gehindert worden, ihre in der EU geborenen Enkelkinder zu besuchen. Der Grund: Die Behörden befürchteten, dass die Menschen nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren würden. Geschäftsleute bekamen auf einmal ohne Begründung kein Visum mehr, obwohl sie jahrelang internationale Messen besucht hatten. So sind ganze Generationen junger Serben, Bosniaken, Mazedonier oder Montenegriner aufgewachsen, ohne je ins europäische Ausland zu reisen.

Drei von sechs

Ein Grenzschild "UE" in Polen (Foto: AP)
Kein Hindernis mehr: die Grenze zur EUBild: AP

Die älteren Serben kennen noch die Zeiten, als Pässe des sozialistischen Jugoslawien überall willkommen waren. "Ich war der König. Alle riefen nur Tito, Tito. Schon als Jugendlicher reiste ich überall hin. In Rumänien war ich 76 Mal, oft war ich in Ungarn, Italien, Österreich und Deutschland - geschäftlich und als Tourist", erinnert sich Zoran Grujic an die aus seiner Sicht glücklichen 1970er- und 1980er-Jahre. Nach rund 20 Jahren mit Reiseeinschränkungen freut er sich jetzt darauf, nach München oder zu seinen Verwandten ins slowenische Maribor zu fahren. "Jetzt, wo alles so simpel ist, setzt man sich ins Auto und fährt los."

Doch nicht für alle Balkan-Staaten wird die Einreise vereinfacht. Serbien, Mazedonien und Montenegro brauchen keine Visa mehr, weil sie biometrische Reisepässe eingeführt haben, lautet die formelle Begründung. Bosnien, Albanien und Kosovo dagegen müssten ihre Sicherheitsbestimmungen für Reiseausweise erst verbessern, bevor auch sie visafrei in die EU reisen dürften. Das könnte 2010 bereits der Fall sein: Albanien hat im Mai 2009 biometrische Pässe eingeführt, Bosnien-Herzegowina im Oktober. Und die Regierung des Kosovo will 2010 ebenfalls nachziehen. Doch bis dahin müssen die Menschen aus diesen drei Ländern noch vor den Botschaften Schlange stehen.

Autor: Filip Slavkovic
Redaktion: Julia Kuckelkorn

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