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Von Supermännern, Politikrobotern und Dinosauriern

Nina Werkhäuser14. April 2006

147 Tage im Amt, das ist nicht eben viel für einen Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Dabei hatte alles so gut angefangen im letzten November.

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Matthias Platzeck war vergleichsweise jung, ziemlich dynamisch und kam irgendwie viel besser rüber als sein Vorgänger Franz Müntefering. Der hatte die Partei, die Republik und die Sprachforscher vor allem mit gestanzten Sätzen erfreut, die von bedeutungsschwerer Leere waren. Als die neue Nummer 1 erstmals zu einer langen Rede ansetzte, da hörten wir plötzlich alle gebannt zu: ein frischer Wind, wie schön! Nur wenige ahnten, dass der zum Superman hochgejubelte brandenburgische Ministerpräsident von Anfang an mit der doppelten Führungsrolle fremdelte, dass sie ihm zu anstrengend war.

Zwei Hörstürze und einen Kreislaufzusammenbruch später hat der 52jährige die Notbremse gezogen, sich für seine Gesundheit entschieden und gegen die Partei. Irgendwie schade, aber andererseits auch sympathisch. Politikroboter, die man mit den Füßen zuerst aus dem Büro tragen muss, braucht niemand. Bedenklich stimmt allerdings der Zustand der deutschen Sozialdemokratie. Was ist los mit dem "schönsten Amt nach dem Papst“ (Zitat Münte)? Regierte Willy Brandt noch 22 Jahre lang die Partei, so waren es bei Gerhard Schröder nur noch fünf Jahre, bei Franz Müntefering unter zwei und bei Matthias Platzeck - siehe oben. Wer bei "Drei“ nicht auf dem Baum ist, wird SPD-Vorsitzender - wer hätte das gedacht?

Um diesen steilen Abstieg aufzufangen, wären jetzt wieder mindestens zehn Jahre Parteivorsitz ohne Bewährung fällig. Mangels Human Ressources bei Ollenhauers Erben musste Kurt Beck einspringen, der Regional-Dinosaurier der SPD. Der regiert in Rheinland-Pfalz und ist 57, könnte also ein paar Jährchen schaffen. Beck sei zu alt für den Generationswechsel, mosern die einen, er stehe mitten im Leben, loben die anderen. Aber wird er auch Kanzlerkandidat werden? Da ist sie wieder, die K-Frage, die die SPD so nervt. Was seine Partei jetzt vor allem brauche, so ein Genosse, sei Ruhe im Karton. Genau. Und einen Trainer für den Nachwuchs.