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"Ich singe alles, was schön ist" war Preys Motto.

Marita Berg7. Juli 2014

Bariton Hermann Prey feierte Erfolge auf den Bühnen der ganzen Welt. Als Mozarts "Papageno" und Rossinis "Figaro" ist er unvergessen. Auch an der New Yorker Met liebte man die Stimme von "Hermann the German".

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Hermann Prey 1965
Bild: Getty Images

Hermann Preys Kapital war das samtige Timbre seiner Stimme - ausdrucksstark und beseelt, mit einer ungeheuren Wärme. Die Fans liebten aber nicht nur seine stimmlichen Möglichkeiten, sondern auch die jungenhafte Ausstrahlung des "Sunnyboys", seinen Spielwitz und seine komödiantische Begabung. Mit seiner Paraderolle, dem "Figaro" in Rossinis "Barbier von Sevilla", gelang ihm 1957 der internationale Durchbruch. Als einer der wenigen Klassik-Sänger machte er ab den 1960er Jahren Fernsehen, hatte eine eigene Musikshow, präsentierte dort ein breites Repertoire, von der Oper über die Operette bis zum Volkslied. Ein Opernsänger als Entertainer, der Kunstlied und "leichte Muse" unbekümmert mischte, war in Deutschland in der Zeit äußerst ungewöhnlich. Hermann Prey sah im Medium eine Chance, Menschen zu erreichen und sagte: "Ich singe alles, was schön ist!" Am 11. Juli wäre Hermann Prey 85 Jahre alt geworden.

"Die Wurzel des Schauderns"

Hermann Prey, 1929 in Berlin geboren, sang bereits als 10-Jähriger im Mozartchor seiner Heimatstadt. In dieser Zeit wurde dem Knabensopran klar: Er wollte Musik studieren, Sänger werden. 1945, kurz vor Kriegsende, - Prey war gerade 15 Jahre alt - erhielt er den Einberufungsbefehl der deutschen Wehrmacht. Kurzerhand verbrannten die Eltern das Papier und versteckten den Jungen im Keller des Hauses des Großvaters.

In einem Interview in der New York Times erinnerte er sich an diese Zeit: "Drei Wochen lebten wir dort, hörten mit Schrecken das Kreischen der Bomben, die Explosionen Tag und Nacht, das Gewehrfeuer. Heute weiß ich: Die Angst, die ich dort kennenlernte, ist die Wurzel des Schauderns, das ich rüberbringen möchte, wann immer ich Schuberts 'Winterreise' singe."

Hermann Prey mit Christa Ludwig 1965 in Salzburg
Mit der Sopranistin Christa Ludwig in einer Salzburger Produktion von Mozarts 'Cosi fan tutte'Bild: Getty Images

Amerika-Debüt

1948 begann Hermann Prey sein Gesangsstudium an der Berliner Hochschule für Musik. Um sich die Ausbildung zu finanzieren, gründete er eine eigene Band und trat mit seinem "Rhythmiktrio" in Nachtclubs und Bars auf, machte auch Rundfunkaufnahmen.

Mit 21 Jahren gab er in Berlin seinen ersten Liederabend. Auf dem Programm: Schuberts "Winterreise", jener Zyklus, der für Hermann Prey im Laufe seiner Karriere immer größere Bedeutung erlangen sollte. Zwei Jahre später nahm er am "Meistersinger-Wettbewerb" in Nürnberg teil, den die amerikanischen Truppen in Deutschland veranstalteten. Er sang eine Verdi-Arie und gewann den ersten Preis, ein Stipendium und eine Tournee in die USA, wo er mit dem Philadelphia Orchestra unter der Leitung von Eugene Ormandy konzertierte.

"Seiltanz auf dem Grat"

Nach einem ersten Engagement in Beethovens "Figaro" in Wiesbaden, wurde Hermann Prey an die Hamburgische Staatsoper verpflichtet. 1957 gab er sein Debüt als Figaro in Rossinis "Barbier von Sevilla" an der Wiener Staatssoper – "Largo al factotum" wurde zu seinem Markenzeichen. Ab 1960 häuften sich die Angebote für den jungen Sänger: aus Wien, Salzburg und Mailand, von der Met in New York und vom Grünen Hügel in Bayreuth.

Mit dieser plötzlichen Angebotsflut begann für Hermann Prey ein "Seiltanz auf dem Grat", wie er der DW einmal erklärte: "Wenn mich mein Instinkt nicht davor bewahrt hätte, hätten mich die vielen Angebote von großen Maestri gefährden können, in die falsche Richtung zu gehen, also beispielsweise das falsche Fach zu singen, etwa Verdi und Puccini statt Mozart und Rossini, wie ich es schließlich gemacht habe."

Hermann Prey Metropolitan Opera in New York 1973
Als Figaro in Rossinis "Der Barbier von Sevilla" an der New Yorker "Met", 1973Bild: The Metropolitan Opera Archives

Der ganze Schubert – ein Lebenstraum

Neben der Oper hat ihn die Liebe zum Lied, besonders zu Schuberts Liederzyklen, nie losgelassen: "Schubert war nicht von Anfang an 'my favorite', erzählte er der DW. "Als Student, kurz nach dem Krieg, war mir Schubert zu simpel. Aber Brahms, das hatte viel mehr Saft, Hugo Wolf war mein großer Liebling. Erst später bin ich zu Schubert zurückgekommen, und seitdem hat sich der Schubert immer mehr zum Mittelpunkt meiner künstlerischen Tätigkeit entwickelt."

Bis zuletzt hat er Schuberts "Winterreise" immer wieder gesungen. Er habe sein Leben lang an diesem Zyklus gearbeitet, erklärte er der DW in den 1990er Jahren: "Die 'Winterreise' ist immer gewachsen. Aber erst jetzt, nach 40 Jahren, habe ich den richtigen Rhythmus gefunden, den richtigen Schubert-Puls, dieses alla breve, dieser Zweier-Schlag wie im 'Leiermann', nennen wir's mal den Wander-Rhythmus."

"Europas Leonard Bernstein"

Hermann Prey war von Anfang an ein ausgesprochener Publikumsliebling, der die Herzen der Fans mit seiner Natürlichkeit und Jungenhaftigkeit im Sturm eroberte. "Ich will einfach beweisen, wie unterhaltsam klassische Musik sein kann. Und jede Musikgattung, die ein Publikum findet, hat auch ihre Existenzberechtigung", betonte er - nicht nur Opernarien, sondern auch immer mal wieder Ohrwürmer wie "Her die Hand, es muss ja sein" aus dem "Zigeunerbaron" von Johann Strauss.

Hermann Prey Sänger 1991
Bei einem Auftritt im Jahr 1991Bild: imago/Horst Galuschka

Tatsächlich gehörte Preys Musikshow "Schaut her, ich bin's" in den 1970er Jahren zum festen Fernsehtermin vieler Familien. Die amerikanische Presse verglich sie mit Leonard Bernsteins Fernsehserie "The Young People's Concerts" (Konzerte für junge Leute) und feierte Hermann Prey als "Europas Leonard Bernstein".

"Aus dem Bauch heraus"

Hermann Prey starb 1998, im Alter von nur 69 Jahren. Fans und Kollegen waren bestürzt, war er doch nicht nur einer der größten deutschen Opernstars des 20. Jahrhunderts, sondern vor allem ein Sänger, der wie kaum ein anderer die Herzen berühren konnte: "Das Schöne an ihm war seine Natürlichkeit", sagte Irwin Gage, einer seiner Klavierbegleiter. "Wir haben Musik gemacht, nur aus dem Bauch heraus gespielt. Egal ob in einem Dorfsaal oder in der Carnegie Hall, immer hat er alles an Emotion gegeben, was er geben konnte."