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Vor Gericht gegen den Streik

6. November 2014

Per Einstweiliger Verfügung will die Deutsche Bahn die Lokführer dazu zwingen, ihren massiven Streik abzubrechen. Das Arbeitsgericht schlug nun einen Vergleich vor.

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Blick auf Gleise des Frankfurter Bahnhofs mit Rotlicht (Foto: AFP)
Bild: Thomas Lohnes/Getty Images

Inhalte des Vorschlags, den sie den Konfliktparteien Deutsche Bahn und Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) gemacht hatte, nannte die Richterin Ursula Schmidt bei der Verhandlung vor dem Frankfurter Arbeitsgericht zunächst nicht. Bahn und Gewerkschaft beraten nun über den Vergleich. Eigentlich will die Deutsche Bahn den längsten Streik ihrer Geschichte vor Gericht stoppen lassen. Der Konzern beantragte eine einstweilige Verfügung gegen den von GDL begonnenen mehrtägigen Ausstand vor dem Arbeitsgericht.

Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber erklärte, man nehme mit der Klage Risiken in Kauf. Richter hätten in der Vergangenheit zumeist gegen die Arbeitgeber entschieden. Man wolle aber angesichts der massiven Auswirkungen des Ausstands nichts unversucht lassen. Der Streik der GDL koste den Konzern 100 Millionen Euro, sagte Bahn-Anwalt Thomas Ubber: "Der Bahn bleibt nichts anderes übrig, als die Streiks hinzunehmen." GDL-Chef Claus Weselsky hingegen bezeichnet die Arbeitsniederlegung als angemessen.

Seit dem Morgen führt der bis Montag geplante Streik zu massiven Beeinträchtigungen im Berufsverkehr. Nach Angaben des Konzerns rollten die Fern- und Regionalzüge "ausgedünnt, aber weitgehend stabil". Fernbusse und Mietwagenfirmen verbuchten den erwarteten Ansturm. Entsprechend hatte es am Morgen auf vielen Bahnhöfen in der Republik ein ungewohntes Bild gegeben. Da sich die meisten Pendler auf den Streik eingestellt hatten, waren viele Bahnsteige leer, auch die angebotenen Züge waren nach Schilderung der Reporter alles andere als überfüllt. Im Fernverkehr steht nach Angaben der Bahn etwa ein Drittel des regulären Fahrplanangebots zur Verfügung. Im Regional- und S-Bahnverkehr seien die Streikauswirkungen unterschiedlich spürbar. Während in Süddeutschland etwa 40 Prozent der Züge fahren, stehen in Ostdeutschland dagegen nur 15 bis 30 Prozent des üblichen Zugangebots zur Verfügung. Im Osten gibt es nicht so viele verbeamtete Zugführer, denen das Streiken untersagt ist.

Eilige Gütertransporte werden bevorzugt

Bei der Güterbahn rollte rund die Hälfte der Züge, eilige Transporte etwa für die Auto- oder Chemieindustrie wurden bevorzugt. Für Entlastung sorgen auch private Bahn-Betreiber, die mittlerweile ein Drittel des Marktes erobert haben. Die Stahlindustrie sprach von erwarteten Streikkosten im zweistelligen Millionenbereich. Die Branche könne nur in geringem Umfang auf andere Verkehrsmittel ausweichen. Mehr als die Hälfte der Transporte liefen auf der Schiene. Dabei sei die Deutsche Bahn der mit Abstand wichtigste Dienstleister.

Auto- und Lkw-Fahrer müssen sich wegen der Ausfälle im Güterverkehr spätestens am Wochenende darauf einstellen, dass das Benzin an einigen Tankstellen knapp werden könnte - zumindest nach Einschätzung der Logistikbranche. Bei der Kraftstoffversorgung "wird es aus meiner Sicht auf jeden Fall Engpässe geben, zumal auch das Aufkommen im Individualverkehr erhöht sein wird", sagte Gunnar Gburek vom Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik dem Sender MDR Info. Raffinerien hätten Probleme, die Tankstellen zu beliefern.

Schlichtung gefordert

Am Donnerstag hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel gemahnt, dass der Tarifkampf nicht dem ganzen Land schaden dürfe. Nach der Konzernspitze und der Bundesregierung regte auch der Vorsitzende des Beamtenbundes (DBB), Klaus Dauderstädt, eine Schlichtung in dem Tarifkonflikt an. "Es gibt andere Instrumente, die wir noch ins Auge fassen können. Die Schlichtung ist angesprochen worden. Die GDL hat diese abgelehnt. Das war nicht abgestimmt mit uns", sagte Dauderstädt im ARD-Morgenmagazin. "Ich hätte der GDL empfohlen, sich auf ein Schlichtungsverfahren einzulassen."

Streik der Lokführer (Foto: dpa)
GDL-Chef WeselskyBild: picture-alliance/dpa/M. Hiekel

Diese Positionierung ist deshalb von Bedeutung, weil die GDL beim Dachverband DBB organisiert ist und von diesem auch Geld für seine Streikkasse bezieht. Der DBB-Chef sagte aber auch, dass er inhaltlich die Forderungen der Lokführer-Gewerkschaft unterstütze.

Die GDL will mit dem Arbeitskampf fünf Prozent mehr Lohn bei kürzeren Arbeitszeiten durchsetzen. Umstritten ist aber vor allem, dass die GDL dies nicht allein für die 20.000 Lokführer verlangt, sondern auch für rund 17.000 Zugbegleiter und Rangierführer. Die Vertretung dieser Gruppe beansprucht aber die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) für sich. Das Unternehmen lehnt konkurrierende Gehaltsabschlüsse ab und setzt auf die Große Koalition, die ein Gesetz zur Tarifeinheit in Vorbereitung hat.

ab/ml/kle (dpa, rtr)