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Vorsichtiger Optimismus bei Ebola

Barbara Wesel 13. Dezember 2014

Die Ebola-Krise in Afrika wurde von vielen unterschätzt. Seit zwei Monaten läuft die Hilfe der Europäischen Union. Nun ziehen die Entwicklungsminister eine Zwischenbilanz - und sehen erste Erfolge.

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Foto: AFP/Getty Images/K. Tribouillard
Bild: AFP/Getty Images/K. Tribouillard

EU-Koordinator Christos Stylianides verbreitete in Brüssel vorsichtigen Optimismus: Die Zahl der Ebola-Neuerkrankungen in Guinea habe sich stabilisiert, das gleiche gelte für Liberia. Dagegen mache der Anstieg bei der Übertragungsrate in Sierra Leone Sorgen, das Land rücke in der Statistik auf Platz eins vor.

Insgesamt aber sehen die Helfer auch ermutigende Ergebnisse, z.B. bei der Aufklärung und Einbeziehung der Bevölkerung. Viele Menschen hätten jetzt verstanden, dass sie bei Begräbnissen und im täglichen Umgang Körperkontakt vermeiden müssen, es ist eine Überlebensstrategie. Nach wie vor schwierig aber sei die Aufgabe, alle Kontaktpersonen von Kranken aufzuspüren und unter Quarantäne zu stellen.

EU-Ebola-Koordinator Christos Stylianides - Foto: Reuters/F. Lenoir
Wertet täglich Lageberichte zu Ebola aus: EU-Koordinator StylianidesBild: Reuters/F. Lenoir

Hilfsgütertransporte funktionieren

Über eine Milliarde Euro wurde bereit gestellt. Viele europäische Länder leisten darüber hinaus praktische Hilfe: So lief am Wochenende das niederländische Schiff "Karel Dorman" in Richtung Westafrika aus, mit 1500 Tonnen Lebensmitteln im Auftrag des Welternährungsprogramms, 50 Fahrzeugen, medizinischem Gerät und Schutzkleidung - Spenden aus Belgien, Frankreich, Deutschland und Großbritannien.

Weitere 250 Tonnen Hilfsgüter wurden inzwischen von der Bundeswehr in die Krisenländer geflogen, so der deutsche Ebola-Beauftragte Walter Lindner. Zudem leistet das Technische Hilfswerk praktische Dienste: Einige hundert Motorräder wurden angeschafft und mit Kühlboxen ausgerüstet, um Blutproben schneller in die Labore zu bringen. Deutschland hat auch die Laborkapazitäten erweitert, in Guinea, Mali und der Elfenbeinküste. Ein deutsches Behandlungszentrum in Monrovia, das eigentlich schon fertig sein sollte, werde in wenigen Tagen eröffnet, so Lindner.

Der deutsche Ebola-Beauftrage Walter Lindner - Foto: DW/M. Luy
Walter Lindner warnt davor, im Kampf gegen die Krankheit nachzulassenBild: DW/M. Luy

Es fehlt nicht an Geld sondern an Helfern

Die Epidemie wird aber offenbar komplexer: Der UN-Sonderbeauftragte David Navarro sieht mittlerweile "hundert Mini-Epidemien", also plötzliche, kleinere Ausbrüche der Krankheit an verschiedenen Orten.

Spezialisten der EU-Kommission fordern deshalb mehr kleine, flexible Einheiten mit medizinischem Personal und leicht verlegbare Behandlungsmöglichkeiten. Inzwischen fehle es nicht mehr an Geld, sondern an Helfern, wobei auch zusätzliche ausländische Kräfte gebraucht würden. Denn die Zahl einheimischer Ärzte habe sich tragisch dezimiert. Allein in der vergangenen Woche seien drei Mediziner in Sierra Leone gestorben, heißt es.

Um mehr freiwillige Helfer aus Europa und anderen Ländern zu gewinnen, hat die EU nun - auch mit deutscher Hilfe - sichergestellt, dass diese Helfer im Infektionsfall ausgeflogen werden. Und ein neu geschaffenes Netzwerk zur Bereitstellung von Behandlungsplätzen in Europa funktioniert ebenfalls: In neun Fällen wurden bereits erkrankte Helfer ausgeflogen, zuletzt nahm die Schweiz einen Arzt aus Kuba auf.

Ebola-Helfer üben den Umgang mit Schutzkleidung - Foto: Medeor/Portrait Gieraths: privat
Die Ausbildung internationaler Helfer ist langsam angelaufenBild: privat

Ausbildung für Helfer

Obwohl sich tausende Freiwillige gemeldet haben, läuft die Rekrutierung langsam: Die psychischen und physischen Anforderungen sind hoch, die Ausbildung in Europa muss aufgebaut werden, zudem fehlen noch Spezialisten für das sogenannte "Hot Training" vor Ort, bei dem der Umgang mit Kranken und die Schutzvorkehrungen unter realen Bedingungen geübt werden. Dringend gesucht sind nach wie vor Seuchenspezialisten.

"Wir befinden uns immer noch in einer Krisensituation, wir sind noch nicht über den Berg", betonte David Orr, Sprecher des UN-Welternährungsprogramms für Westafrika. 180 Millionen Dollar seien bislang für die Versorgung der Krisenregionen bereit gestellt, es werde noch mehr Geld gebraucht.

Hilfslieferungen des Welternährungsprogramms in Sierra Leone - Foto: picture-alliance/AP Photo/Duff
Das UN-Welternährungsprogramm sieht erste Erfolge in der VersorgungBild: picture-alliance/AP Photo/Duff

Wiederaufbau örtlicher Strukturen

Bei der Versorgung der Bevölkerung sieht er zwar auch positive Zeichen: Die laufende Erntesaison falle einigermaßen gut aus. In Sierra Leone und Liberia sei daher der Reispreis gefallen, so dass die Leute es sich teilweise wieder leisten könnten, Essen zu kaufen. Andererseits, so Orr, seien aber die Löhne geschrumpft, viele Bewohner hätten überhaupt keine Arbeit mehr.

Und so ist der Wiederaufbau örtlicher Strukturen die nächste große Herausforderung, auf die sich auch die Europäer vorbereiten. Denn die Ebola-Krise hat die Wirtschaft der Länder geschädigt, von der Landwirtschaft über das Bildungssystem bis zum Gesundheitsdienst, so EU-Experten. Die Bevölkerung muss Vertrauen gewinnen, dass Kliniken und Behandlungszentren nicht mehr Orte sind, wo Ansteckungsgefahren lauern. Alles das sind Aufgaben, die internationalen Helfer noch über das nächste Jahr hinaus beschäftigen dürften.