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Krise einer Branche

13. Oktober 2009

Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau ist von der Krise besonders getroffen worden. Die Aufträge brachen um mehr als die Hälfte ein. Besserung ist nicht wirklich in Sicht.

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Symbolbild Konjunkturkurve Maschinenbau (DW-TV)
Es geht abwärts: Maschinenbau in DeutschlandBild: DW Montage picture-alliance / dpa

Der SMS-Konzern mit Sitz in Düsseldorf gehört zu den zehn umsatzstärksten Unternehmen des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus. Mit dem Bau von großen Gieß-, Walz- und Umformungsanlagen für Stahl, Aluminium und andere Metalle ist der Konzern vor allem auch international gut im Geschäft. Er war es zumindest – bis die Krise kam, wie der geschäftsführende Vorstand Heinrich Weiss sagt. "So etwas haben wir noch nie erlebt und es ist ja auch in der Tat ein unglaublicher Abschwung." In seinem Unternehmen hatte man in den ersten acht Monaten 2008 noch genau so viele Aufträge wie 2007 und zwar im Wert von über fünf Milliarden Euro – das waren Rekordzahlen. Doch dann kam der September 2008 und es ging rapide bergab: "Wir haben seit jetzt einem Jahr keinen neuen Auftrag mehr."

60.000 Jobs schon weg

Arbeiter in einer Halle (Foto: DW TV)
Wie viele Jobs werden wegfallen?Bild: DW-TV

So wie SMS geht es vielen Firmen in der Branche. Zu Beginn der Krise konnten sie noch von ihren vollen Auftragsbüchern leben und diese abarbeiten, doch langsam wird es eng. Im August 2009 lag der Auftragseingang im gesamten deutschen Maschinen- und Anlagenbau immer noch um 43 Prozent unter dem Ergebnis des Vorjahres. Rund 60.000 der ehemals fast eine Million festen Arbeitsplätze gingen verloren, jeder vierte Arbeitnehmer in der Branche musste zur Jahresmitte kurzarbeiten. Wie lange die Krise noch anhalten wird, darauf hat auch Heinrich Weiss keine Antwort: "Wir wissen es nicht. Wir sehen nur, dass die Hersteller kleinerer Maschinen und Anlagen schon eine gewisse Erholung sehen." Beim klassischen Maschinenbau, also dem für die Herstellung von Investitionsgütern, sehe es nach wie vor "finster" aus.

Von Entwarnung keine Spur

Manfred Wittenstein, der Präsident des VDMA, des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau kann daher auch keine Entwarnung für die Branche geben. Für das laufende Jahr rechnet er mit einem Gesamtumsatz von knapp 170 Milliarden Euro, das sind rund 40 Milliarden Euro weniger als im vergangenen Jahr. 2010 könnte es wieder leicht aufwärts gehen, allerdings, so sagt Wittenstein, frühestens im zweiten Halbjahr. Schon länger spricht er von "ersten Anzeichen dafür, dass wir so langsam wieder festeren Boden unter die Füße bekommen." Doch keineswegs für alle sei das rettende Ufer in Sicht. Und in jedem Fall werde die Branche noch geraume Zeit zu kämpfen haben, "bis unsere perspektivischen Stärken Überhand über die krisenbedingten Schwierigkeiten gewonnen haben."

Mitarbeiter beim Bearbeiten eines Bauteils (Foto: DW-TV)
Manche Firma hat schon wieder besser zu tun

Hilfe erwartet die Branche dabei von der Politik. Zwar habe die scheidende Bundesregierung sehr viel Wirksames zur Stabilisierung der Finanzmärkte getan und damit auch der Wirtschaft geholfen. Unter der neuen Bundesregierung, so fordert Wittenstein, müssten aber konkrete wirtschaftspolitische Reformen folgen. "Die enormen Exporterfolge verstellen den Blick darauf, dass wir im Wachstumszug der EU längst nicht mehr die Lokomotive sind, sondern quasi das Abonnement auf die rote Laterne haben."

Abschluss der Welthandelsrunde könnte helfen

Zahnräder einer Maschine (Foto: DPA)
Wann läuft es wieder rund beim Maschinenbau?Bild: AP

Der Forderungskatalog der Branche ist lang und reicht von Änderungen im Steuerrecht über Bürokratieabbau und Forschungsförderung bis hin zu der Mahnung, der Staat müsse seine massive Verschuldung in den Griff bekommen. Um eine weitere Krise dieser Dimension zu vermeiden, müssten zudem die internationalen Finanzmärkte unbedingt reformiert werden. Politischen Handlungsbedarf sehen die Maschinen- und Anlagenbauer, die 75 Prozent ihrer Produkte ins Ausland verkaufen, auch bei der Verbesserung des Welthandels. Protektionistische Tendenzen müssten unbedingt bekämpft und die WTO-Verhandlungen zum Abschluss gebracht werden.

Jenseits aller Forderungen an die Politik suchen die Maschinenbauer aber auch nach eigenen Wegen aus der Krise. Jetzt sei es an der Zeit, in den Betrieben über langfristige Strategien nachzudenken, Arbeitsabläufe effektiver zu gestalten und sich um die Fortbildung der Arbeitnehmer zu kümmern. Stark aus der Krise, so lautet das Motto. Wohl dem Unternehmen, das in der Boomzeit finanziell so weit vorgesorgt hat, dass es sich solche Strategien jetzt leisten kann.

Autorin: Sabine Kinkartz

Redaktion: Henrik Böhme