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Vu-vu-was? Eine Fantröte für Deutschland

10. Juni 2010

Die einen lieben sie, die anderen verabscheuen sie: die Vuvuzela. Drei Kleinunternehmer haben den Krachmacher nun nach Deutschland geholt. Die Geschichte einer ganz persönlichen Begegnung.

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Drei Fußballfans mit ihren Vuvuzelas in Nelspruit (Foto: Coca Cola Südafrika)
Trörööö mit 130 Dezibel - in Südafrika normalBild: CC/Coca-Cola South Africa

Es ist Herbst 2007. Marketing-Mann Gerd Kehrberg steht am Tresen. Trinkt nach einem Eishockey-Spiel ein Alt-Bier. Da hört er zum ersten Mal von der südafrikanischen Vuvuzela. "Uwe Seeler?", fragt Kehrberg, der mit Vu-vu-ze-la so gar nichts anfangen kann.

Vuvuzelas, so wie sie Dirk Zimmermann umgestaltet hat (Foto: Jutta Wasserrab)
Drei Teile - zig MöglichkeitenBild: Jutta Wasserrab

Einen Tag später recherchiert er im Internet: Ein Instrument, eine Tröte, armlang. Vor hundert Jahren noch aus Tierhorn, tief verwurzelt in der südafrikanischen Kultur. Seit einer Dekade ein Massenprodukt aus Plastik, ein Fanartikel, der zum südafrikanischen Fußball gehört wie der Ball und das Tor. Ein Fanartikel mit Seele, denkt Kehrberg. Ein Fanartikel mit Geschichte. So etwas suchen wir Marketing-Leute, sagt Kehrberg und hofft, dass er die Vuvuzela nach Deutschland holen kann: "Vielleicht war's damals der Fußballgott, der gesagt hat: 'Junge bring das Ding nach Deutschland, bring das Ding nach Europa!'"

Laut, lauter, Vuvuzela

Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich mag die Vuvuzela! Ja, sie macht Krach. Auch der Fifa war klar, dass das Turnier in Südafrika die lauteste Fußball-Weltmeisterschaft überhaupt werde, sagt Kehrberg dazu. Ich mag die Vuvuzela, auch wenn Kollegen sie schon als Furz aus der Vorhölle bezeichnet haben und Vuvuzela-Gegner glauben, dass nicht der Fußballgott, sondern dessen größter Widersacher am Werk war, denn das südafrikanische Original schafft 130 Dezibel. Das ist lauter als ein Elefant trompeten kann. Für mich hat das Charakter.

Die drei Düsseldorfer Kleinunternehmer Frank Urbas, Gerd Kehrberg, Dirk Zimmermann (von vor nach hinten)
Wollten die Vuvuzela auch in Deutschland - Urbas, Kehrberg, Zimmermann (von links)Bild: Jutta Wasserrab

Bei Dirk Zimmermann war die Liebe nicht spontan. Sie musste erst wachsen. Eigentlich machen Zimmermann und seine Mitarbeiter hochwertige Autoteile, Medizingeräte oder Internetradios innovativer, funktionaler, schöner. Vor einem Jahr kamen dann Gerd Kehrberg und sein Partner Frank Urbas mit der Plastik-Tröte in sein Büro. Sie hatten sich die Marken-, Produktions- und Vertriebsrechte für Europa gesichert und nun stellten sie Zimmermann das billige Ding vor die Nase.

Er habe sich schon darüber gewundert, sagt Zimmermann. Ihm war sofort klar, dass sich das Originalprodukt in Deutschland so nicht vermarkten lassen würde. Erstens sah die Vuvuzela aus wie zig andere Plastik-Tröten dieser Erde und zweitens wurde sie im so genannten Blasformverfahren hergestellt. "Das hat ungefähr die Qualität einer Spülmittelflasche", sagt Zimmermann trocken. Er musste neben ihrem Namen unbedingt etwas finden, das sie einzigartig macht. Zimmermann überlegte eine Stunde. Dann entschied er, sie in drei Stücke zu teilen.

Green Point Stadion in Kapstadt (Foto: Marcus Bredt)
Südafrikas Fußballstadien sind nicht zu übersehen - und nicht zu überhörenBild: Marcus Bredt

Jubeln geht, schlagen nicht

Meine Vuvuzela ist schwarz, rot, gold. Ich bin aber gerne bereit ein rotes Mittelstück und ein schwarzes Mundstück gegen andere Farben zu tauschen. Und wenn ein Deutschland-Fan das unanständig findet und mir seine Deutschland-Vuvuzela überbrät - egal, dann fliegt die Tröte einfach auseinander.

Hightech sei das, findet Frank Urbas: "Man muss sie leicht genug zusammenstecken können, sie muss fest genug sein, damit man mal jubeln kann und nichts wegfliegt und gleichzeitig wieder leicht genug auseinander fallen, falls einer damit zuschlägt." Bedenkenträgern wollen die drei somit den Wind aus den Segeln nehmen. Und noch etwas macht die Dreiteiligkeit so charmant: Zerlegt braucht die Tröte weniger Stauraum - ein logistischer Vorteil.

Aus dem Zwang eine Tugend gemacht

Vuvuzelas in einem Verkaufsstand in Südafrika (Foto: Steve Crano)
In Südafrika schon längst ein Verkaufsschlager - Deutschland arbeitet daranBild: CC/Steve Crane

Während sich in Südafrika die Hersteller des Fan-Instruments an Lautstärke übertrumpfen, werben Urbas und Kehrberg mit der leisesten Vuvuzela der Welt, denn Zimmermann teilte die Tröte nicht nur in drei Stücke, sondern verpasste ihr auch einen Schalldämpfer. Seit dem Confederations Cup im letzten Jahr war die Tröte in Verruf geraten: Einige Fußballspieler und Rundfunksender wollten die Vuvuzela sogar verbieten. Im Stadion sei es ein infernalischer Lärm, für die Fernsehzuschauer in den Wohnzimmern klingt es wie ein Schwarm angriffslustiger Wespen.

Dem Fußballgott sei Dank - die Fifa entschied sich für die Vuvuzela. Fünf Millionen wollen die drei bis WM-Beginn verkaufen. Wie viele sie schon verkauft haben, sagen sie nicht. Ob Gerd Kehrberg wirklich Angst um seine Geschäftsidee hatte, verrät er auch nicht. Er sei sich eigentlich immer sicher gewesen, dass die Fifa eine authentische Fußball-WM möchte. Und dann sei es unmöglich, die Vuvuzela in den Stadien zu verbieten. "Das geht nicht", sagt Kehrberg, der fest davon überzeugt ist, dass seine Vuvuzela jedes dieser aufgesetzten Maskottchen lässig an die Wand spielt, "das hätte zum Scheitern der gesamten Fußballweltmeisterschaft in Südafrika geführt."

Autor: Jutta Wasserrab
Redaktion: Klaus Ulrich