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VW, BMW, SARS

21. April 2003

Selbst SARS ist kein Grund zur Absage der Automesse in Shanghai: Viel größer als die Angst vor der Krankheit ist bei den Herstellern die Befürchtung, den Anschluss auf dem chinesischen Markt zu verpassen.

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Autos aus Shanghai für ChinaBild: AP

In China sind zwar nach offiziellen Angaben bereits mehr als 60 Menschen an der ansteckenden Lungenkrankheit SARS gestorben und zahlreiche Veranstaltungen abgesagt worden. Wenn aber der am schnellsten wachsende Automarkt der Welt ruft, sind alle zur Stelle: Shanghais jährliche Automesse wird stattfinden, das machten die Veranstalter vor wenigen Tagen auf einer extra einberufenen Pressekonferenz noch einmal klar. Um 40 Prozent ist das Geschäft im vergangenen Jahr in China gewachsen. Und die Prognosen klingen nicht weniger vielversprechend: In rund 20 Jahren, wenn zumindest jeder zweite der rund 1,3 Milliarden Chinesen sich ein Auto kaufen kann, soll Experten zufolge China die USA als wichtigster Automobilmarkt der Welt ablösen.

Auf der am Ostermontag (21.4.2003) beginnenden Messe in Chinas größter Stadt sind natürlich auch deutsche Automobilriesen wie VW, BMW oder Daimler-Chrysler vertreten. Sie sind über den Verband deutscher Automobilindustrie (VDA) direkt an der Messe beteiligt. Das Geschäft in China läuft über Joint Ventures: Dabei gehört die Hälfte des Werks dem ausländischen Unternehmen, die andere Hälfte bleibt in den Händen von chinesischen Partnern. Nur in diesem Modell ist ein Engagement in China überhaupt möglich, auch wenn das Land sich derzeit immer weiter von der staatlich gelenkten Planwirtschaft verabschiedet und zunehmend den freien Wettbewerb favorisiert.

Mit Macht ins Reich der Mitte

Chinesisches Balletttänzerin neben VW Polo
VW-Präsentation in ChinaBild: AP

Besonders stark in China ist Volkswagen (VW): Mit rund der Hälfte aller verkauften Wagen ist der deutsche Konzern nach eigenen Angaben Marktführer. Im vergangenen Jahr verkaufte VW dort rund eine halbe Million Autos. Und der Konzern aus Wolfsburg drängt weiterhin mit aller Macht ins Reich der Mitte: Allein in diesem Jahr sollen fünf neue Modelle auf den Markt gebracht werden. Bis 2007 will VW jedes Jahr eine Million Autos in China absetzen. Audi will seine Marktführerschaft in der Luxusklasse ausbauen und von dem Image des billigen Karossenherstellers wegkommen. Mit der Einführung des lokal produzierten Models A4 sollen in Zukunft auch stilorientierte Privatkunden auf dem am schnellsten wachsenden Automarkt der Welt angesprochen werden.

BMW ist ebenfalls in Shanghai mit von der Partie: "Für uns ist China ein sehr wichtiger Markt und die Messe eine entscheidende Stellschraube", sagt ein Unternehmenssprecher. Der Münchener Hersteller hat erst kürzlich sein erstes Joint Venture in China geschlossen, und will in Kürze die Produktion in einem Werk im Nordosten des Landes aufnehmen. In den nächsten fünf Jahren will BMW rund 150.000 Autos in China verkaufen, doppelt so viele wie bisher. Wegen SARS erließ der Konzern zwar ein Reiseverbot seiner Mitarbeiter nach Hongkong und Südchina. In Shanghai, wo erst ein Fall der Krankheit bestätigt wurde, will BMW dagegen keine Sicherheitsvorkehrungen treffen.

Krankheit ohne Schrecken

Auch die Konkurrenz aus anderen Ländern lässt sich von SARS nicht schrecken und nimmt erwartungsvoll an der Schau teil. "Kein Unternehmen wird diese Gelegenheit verpassen, um neue Käufer für sich zu gewinnen", sagt Dong Suhua, Sprecher des chinesisch-französischen Joint Ventures Dongfeng Peugeot Citroen. Auch Yang Ping, Sprecher von Chinas zweitgrößtem Automobil-Unternehmen First Automotive Works ist sich deshalb sicher, dass SARS keine Rolle spielen wird bei der zum zehnten Mal stattfindenden Automobilschau. "Wenn bis dahin wirklich etwas passieren sollte", sagt er ungerührt, "würden die Unternehmen wohl eher auf die Teilnahme ihres Führungspersonals verzichten als die Messe ganz abzusagen". (sams)