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Politik

VW-Chef Müller: Dieselsubventionen abschaffen

10. Dezember 2017

Nicht nur die Umweltlobby will dem Dieselprivileg den Garaus machen - jetzt prescht auch einer der mächtigsten Autobosse Europas vor. Dahinter dürften handfeste ökonomische Motive stehen.

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Deutschland Matthias Müller, Vorstandsvorsitzender VW
Bild: Getty Images/AFP/T. Schwarz

VW-Konzernchef Matthias Müller (Archivbild) zieht die bestehenden Steuervorteile für Dieselsprit in Zweifel. "Ich bin mittlerweile davon überzeugt, dass wir Sinn und Zweck der Dieselsubventionen hinterfragen sollten", sagte der Manager dem "Handelsblatt". "Wenn der Umstieg auf umweltschonende E-Autos gelingen soll, kann der Diesel-Verbrennungsmotor nicht auf alle Zeiten weiter wie bisher subventioniert werden."

Konkret schlägt Müller vor, die Steuererleichterungen schrittweise umzuschichten. "Das Geld könnte sinnvoller in die Förderung umweltschonender Antriebstechniken investiert werden. Abstriche bei den Dieselsubventionen, dafür Anreize für Elektroautos wären das richtige Signal. Das würden wir aushalten, ohne gleich Existenzängste haben zu müssen."

"Diskussion proaktiv führen"

Müller betonte aber auch, dass die bisherigen steuerlichen Subventionen den Absatz von Diesel-Fahrzeugen in Deutschland erheblich erleichterten und sich alle - ob private oder gewerbliche Kunden - an diese Steuernachlässe gewöhnt hätten. Gleichwohl solle "die Autoindustrie diese Diskussion proaktiv mit der Politik führen", damit der Systemwechsel zur E-Mobilität gelinge.

Großbritannien Volkswagen
Dieselmotor von VolkswagenBild: Getty Images/AFP/D. Meyer

Der VW-Vorstandschef warb zudem für die Einführung von blauen Umweltplaketten in Städten. Die Vergabe sollte an einen bestimmten Stickoxid-Wert gebunden werden. "Nur wer darunter liegt, dürfte dann auch künftig in Städte fahren", sagte Müller dem "Handelsblatt". Nach seiner Einschätzung müssten Politik und Automobilhersteller "alles unternehmen, um großflächige Fahrverbote zu verhindern".

"Hut ab"

Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer lobte Müller. "Hut ab", sagte der Leiter des CAR-Centers der Universität Duisburg-Essen der Deutschen Presse-Agentur. Er habe nicht damit gerechnet, dass ein deutscher Autobauer so eine mutige Forderung erheben würde. Die Vorschläge könnten in dieser Form der schwächelnden E-Mobilität tatsächlich wirksam helfen. Von Seiten der Industrie habe er das nicht erwartet.

Der Diesel ist für die deutschen Hersteller extrem wichtig. 2016 hatten etwas mehr als die Hälfte aller in der Bundesrepublik neu zugelassenen Autos der Marke VW einen solchen Motor. Bei der Oberklasse-Tochter Audi waren es sogar zwei Drittel, BMW und die Daimler-Kernmarke Mercedes-Benz kamen auf ähnliche Werte. Allerdings brach der Dieselabsatz in Folge des Skandals um manipulierte Motoren ein.

Ferdinand Dudenhöffer Gast Talkshow Markus Lanz in Hamburg
Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/S. Persch

Ein Grund für den im Gesamtmarkt weiterhin hohen Dieselanteil sind Steuervorteile: Bei der KFZ-Steuer ist der Betrieb eines Dieselautos in der Regel teurer, beim Sprit dagegen erheblich billiger als der eines Benziners - weil Dieselkraftstoff steuerlich begünstigt wird. Der Kauf von Dieselwagen ist daher für Firmen oder Privatleute mit hoher Fahrleistung attraktiv.

VW nimmt Tesla ins Visier

Da Dieselmotoren bei vergleichbarer Leistung aber oft mehr Stickoxide als Benziner ausstoßen und den Besitzern deshalb in einigen deutschen Städten auch bald Fahrverbote drohen, fordern Experten wie die Präsidentin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger, schon länger ein Ende des Steuerprivilegs. "Dieselfahrer zahlen pro Liter Kraftstoff 18,4 Cent weniger als bei Benzin - den Staat kostet diese Subventionierung mittlerweile 7,8 Milliarden Euro pro Jahr, gut dreieinhalb Milliarden davon für die PKW-Nutzung", hatte sie im Sommer gesagt. Selbst bei Abzug der höheren KFZ-Steuern für Dieselautos seien das für die Selbstzünder rund eineinhalb Milliarden Euro pro Jahr.

Hinter dem Vorstoß des Volkswagenchefs dürften neben ökologischen auch ganz handfeste ökonomische Motive stehen. So hatte VW-Markenvorstand Herbert Diess im Oktober angekündigt, sein Unternehmen werde verstärkt den E-Auto-Pionier Tesla ins Visier nehmen, der VW bald im Volumensegment Marktanteile wegnehmen könnte. Der Wettbewerb mit den klassischen Autobauern Hyundai und Toyota trete dagegen zurück. Ein geeignetes Elektromodell, um Tesla anzugreifen, solle 2021 auf den US-Markt kommen, schrieb die "Automobilwoche". Unter diesen Vorzeichen darf jetzt in Wolfsburg offenbar der Abgesang auf den Diesel schon einmal geprobt werden.

jj/sti (dpa, afp)