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Wähleransturm: Indiz für Kurswechsel im Iran?

12. Juni 2009

Bei der Präsidentenwahl im Iran zeichnet sich eine Rekordbeteiligung ab. Das hohe Wählerinteresse könnte laut Beobachtern dem reformorientierten Kandidaten Mussawi genutzt haben. Es wurde ein knappes Ergebnis erwartet.

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Wahlurne mit iranischer Flagge vor Weltkugel (Photo: AP)
Im Iran wurde ein neuer Präsident gewählt - die Wahlbeteiligung ist sehr hochBild: AP

Bei der weltweit mit Spannung verfolgten Präsidentenwahl im Iran wird von einem nie dagewesenen Ansturm auf die Wahllokale berichtet. Nach einem polarisierenden Wahlkampf rechnete das Teheraner Innenministerium am Freitag (12.06.2009) mit einer "historisch hohen" Beteiligung, zunächst von mindestens 70 Prozent, später sogar von über 80 Prozent. In vielen Wahllokalen waren nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA schon am Mittag die Stimmzettel ausgegangen.

Ein hohes Wählerinteresse, so Beobachter und Experten, könnte günstige Voraussetzungen für den reformorientierten Kandidaten Mir Hussein Mussawi schaffen. Dieser habe möglicherweise Massen jugendlicher Anhänger mobilisieren können, zudem Studenten und Frauen. Die letzte Rekordwahlbeteiligung von knapp 80 Prozent hatte vor zwölf Jahren den vielen als Reformer geltenden Mohammed Chatami ins Präsidentenamt gebracht.

Schließung der Wahllokale mehrfach verschoben

Die Abstimmungsfrist wurde von den Behörden angesichts der enormen Wählerschlangen immer wieder verlängert, insgesamt um sechs Stunden bis in die Nacht hinein. Eine längere Öffnung der Wahllokale hatte es bislang auch bei vergangenen Abstimmungen schon gegeben, allerdings nur um maximal drei Stunden.

In der islamischen Republik sind mehr als 46 Millionen Stimmberechtigte aufgerufen, darüber zu entscheiden, ob der ultrakonservative und international umstrittene Mahmud Ahmadinedschad (52) für weitere vier Jahre im Amt bleiben soll.

Irans Präsident Achmadinedschad bei der Stimmabgabe mit Tinte am Finger (Photo: AP)
Amtsinhaber Ahmadinejad: Kann sich der Hardliner halten?Bild: AP

Der reformorientierte frühere Ministerpräsident Mussawi (67) gilt als aussichtsreichster Herausforderer. Er steht für einen Neuanfang. Große Unterstützung findet der Ex-Regierungschef durch seine Frau Sahra Rahnaward. Die Hochschullehrerin galt gleichsam als Geheimwaffe Mussawis: Sie ist eine Verfechterin von Frauenrechten. Mit ihr könnte er besonders bei Wählerinnen gepunktet haben. Ein weiteres Plus: Auch der frühere Präsident Chatami unterstützt Mussawi, dessen Anhänger als Zeichen des Wandels grüne Tücher und Schals tragen.

Mussawi: Hoffnungsträger der Jugend

Der Reformer Mussawi nach der Stimmabgabe (Photo: AP)
Der Reformer Mussawi: Auf ihn setzt vor allem auch der WestenBild: AP

Mussawi gab sich unmittelbar vor der Abstimmung betont kritisch: Er warnte vor Manipulationen und betonte, es habe zuletzt Behinderungen gegeben. So sei es ihm kurz vor der Abstimmung nicht mehr möglich gewesen, SMS-Nachrichten per Handy zu verschicken. Vor allem die jüngeren Unterstützer hatten sich viel über Textnachrichten organisiert. Sie erhoffen sich von Mussawi größere persönliche Freiheiten, eine Öffnung des Landes zum Westen hin und eine bessere Wirtschaftspolitik.

Die Ergebnisse der Präsidentenwahl werden am Samstag erwartet. Sollte keiner der Bewerber die im ersten Wahlgang erforderliche absolute Mehrheit erringen, gibt es in einer Woche eine Stichwahl.

Die Abstimmung über den neuen iranischen Präsidenten wird im Westen mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Die internationale Gemeinschaft verdächtigt die Islamische Republik seit langem, heimlich am Bau der Atombombe zu arbeiten. Amtsinhaber Ahmadinedschad hatte sich in dem Streit um das Nuklearprogramm kompromisslos gezeigt. Sollte sich der gemäßigte Mussawi durchsetzen, hofft der Westen auf einen Kurswechsel.

Nicht nur von militärisch großer Bedeutung

Der Iran ist nicht nur militärisch ein entscheidender Faktor in Südwest-Asien, sondern das Land hat auch große wirtschaftliche Bedeutung. Der Iran ist der viertgrößte Öllieferant der Welt. Beim Erdgas verfügt die Islamische Republik über 15 Prozent der weltweiten Reserven. Trotz der reichen Vorkommen leben etwa 40 Prozent der Iraner unterhalb der Armutsgrenze. (haz/as/SC/dpa/rtr/ape/afpe)