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Wachstum mit zwei Geschwindigkeiten

11. April 2011

Um etwa viereinhalb Prozent dürfte die globale Wirtschaftsleistung in diesem und im nächsten Jahr zulegen, sagt der Internationale Währungsfonds. Doch es ist ein ungleichmäßiges Wachstum - und das birgt Risiken.

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IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard (Foto: dpa)
Der IWF-Chefvolkswirt prophezeit ein unausgewogenes Wachstum der WeltwirtschaftBild: picture alliance/dpa

Die Erholung der Weltwirtschaft setzt sich fort, sagte IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard bei der Vorstellung des jüngsten Weltwirtschaftsausblicks am Montag (11.04.2011) in Washington. Allerdings findet diese Erholung mit völlig unterschiedlichen Geschwindigkeiten statt. Denn hinter dem durchschnittlichen Wachstum der Weltwirtschaft von gut 4,5 Prozent, das der IWF für die Jahre 2011 und 2012 voraussagt, verbergen sich erhebliche Differenzen. So werden die Industrieländer vermutlich im Schnitt nur um 2,5 Prozent zulegen, während die Schwellenländer ein Wachstum von 6,5 Prozent hinlegen werden.

Die Erholung der Weltwirtschaft ist also ziemlich unausgewogen, und das birgt Risiken. "In den meisten Industrieländern liegt die Wirtschafsleistung noch weit unter dem Produktionspotenzial, die Arbeitslosigkeit ist hoch, und das wird angesichts schwacher Wachstumsraten wohl noch einige Jahre so bleiben", meinte Blanchard. Für Deutschland hob der IWF seine Wachstumsprognose leicht an und erwartet nun ein Plus von 2,5 Prozent für das laufende Jahr.

Alte Ratschläge

Blick auf das Londoner Banken- und Geschäftsviertel Canary Wharf (Foto: dpa)
Die Staaten sollten das Bankensystem krisenfester machen, meint der IWFBild: picture-alliance/dpa

Die Krise habe in vielen Ländern zu einem dramatischen Verfall der Staatsfinanzen geführt, nun seien die Staaten gezwungen, ihre Haushalte zu konsolidieren. Und die Banken kämpften um höhere Eigenkapitalquoten, weil sie zunehmend mit Forderungsausfällen rechnen müssten. Laut Blanchard ist dies verstärkt In den Peripherieländern Europas zu beobachten. "Die Ratschläge, die wir den Industrieländern geben, sind deshalb die alten Ratschläge: Das Bankensystem muss krisenfester gemacht werden und die Haushaltskonsolidierung muss ausgewogen vorgenommen werden", erklärte er. Sie dürfe aber nicht zu schnell erfolgen, weil das wachstumshemmend wirke, aber auch nicht zu langsam, weil das die Glaubwürdigkeit untergrabe. "Die Bankenregulierung und -überwachung muss verbessert werden, vor allem in Europa. Und es müssen weiterhin Reformen in Angriff genommen werden, die das Wachstumspotenzial stärken können."

Die Inflationsgefahren schätzt der IWF momentan nicht sehr hoch ein. Teure Rohstoffe seien zwar eine Belastung, würden die globale Erholung aber insgesamt nicht wesentlich behindern. Anders als in den Schwellenländern, wo teilweise eine Überhitzung droht, dürfte die um Energie und Lebensmittel bereinigte Kerninflationsrate in vielen Industriestaaten vergleichsweise gedämpft bleiben. "Die Herausforderung für die Schwellenländer ist eine ganz andere als die für die Industrieländer", sagte Blanchard. "Sie müssen eine Überhitzung ihrer Wirtschaft vermeiden und hohe Kapitalzuflüsse verkraften."

Aufwertung zulassen

Deshalb empfiehlt der Fonds den betroffenen Schwellenländern, zeitweise Kapitalkontrollen zu erwägen und sich nicht mit aller Kraft gegen eine Aufwertung ihrer Währungen zu stemmen. Die stärkste Wachstumslokomotive bleibt Blanchard zufolge China mit unveränderten Zuwächsen von 9,6 Prozent in diesem und 9,5 Prozent im kommenden Jahr. Die wirtschaftlichen Folgen der Atom-Katastrophe in Japan hält der IWF bei aller Unsicherheit derzeit noch für begrenzt. Ein neues Wachstumsrisiko bildeten dagegen die zuletzt stark gestiegenen Rohstoffpreise, auch in Hinblick auf die politischen Turbulenzen in Nordafrika und im Nahen Osten.

Autor: Rolf Wenkel, Washington
Redaktion: Thomas Grimmer