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Wacken 2016 – schneller, härter, lauter

Silke Wünsch4. August 2016

Zum 27. Mal findet in diesem Jahr das Wacken Open Air (W:O:A) statt, eines der größten Metal-Events der Welt. In einem kleinen Dorf im Norden Deutschlands schlägt hier für vier Tage das Herz der harten Rockmusik.

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Wacken Feuersäule vor blauem Himmel (Foto: Silke Wünsch)
Bild: DW/S. Wünsch

Als Thomas Jensen und ein paar Kumpels im Jahr 1990 das erste Rockfestival in Wacken veranstalteten, ahnten sie nicht, was einmal daraus werden würde. In einer alten Kiesgrube vor dem 1.800-Seelen-Dorf bauten sie eine Bühne, versorgten alles per Generator mit Strom und luden sechs deutsche Rock- und Metalbands ein. Ein paar Hundert Besucher kamen zu dem zweitägigen Festival, der Eintritt kostete damals umgerechnet sechs Euro. Die Sache war ein Erfolg, der sich im Jahr darauf wiederholte.

1992 holten die Veranstalter zwei international bekannte Bands nach Wacken: Blind Guardian und Saxon. Unter den mittlerweile 26 teilnehmenden Bands waren auch Gruppen aus Schweden und den USA. Das Festival explodierte – und damit auch die Kosten. Immer mehr Fans kamen, zahlten wenig und verursachten viel Müll. Das Organisationsteam geriet ins Minus. Trotzdem ging es weiter. Man plante außerhalb des Festivals Konzerte und Events, die sich jedoch alle als Minusgeschäft entwickelten. Auch das W:O:A 1993 war ein finanzielles Desaster. Die Eltern der Macher bürgten für ihre hoffnungslos überschuldeten Jungs.

Und dann klappte es doch

Wacken - Totale mit zwei Bühnen und Publikum (Foto: Pressebild W:O:A)
An 360 Tagen im Jahr ist hier nur eine Kuhwiese zu sehenBild: S.Willus

Einige der Gründungsmitglieder stiegen aus. Die anderen blieben am Ball – und schafften es. Das 5. Wacken Open Air war kein Minusgeschäft mehr. Die Auswahl der Bands war für jeden Metalhead ein Leckerbissen: Renommierte internationale Bands und vielversprechende Newcomer. Erstmalig nahmen die Veranstalter Geld fürs Camping, was die Müllbeseitigungskosten deckte. Obwohl Jensen und seine Kollegen immer noch nichts verdienten, machten sie weiter. Da die Kiesgrube zu klein wurde, verlegte man das Festival auf die Kuhwiese des Wackener Landwirts Uwe Trede, der Jahr für Jahr dafür sorgte, dass für das immer weiter wachsende Festival genügend Fläche und Infrastruktur herrschte. Bis heute ist er neben Thomas Jensen eine der Hauptfiguren im Orga-Team des Wacken-Festivals.

1997 waren erstmals 10.000 Besucher dabei, zehn Jahre später glaubten die Veranstalter, mit 62.000 Fans die "Grenzen des Machbaren erreicht zu haben". Nun kommen jährlich 75.000 Metalheads, überschwemmen das kleine Dorf fröhlich grölend ("Wackeeeeeen!!!") und grüßen jeden mit dem Metaller-Gruß: der Fritten- oder Pommesgabel (Faust mit ausgestrecktem Zeige- und kleinem Finger).

90-jährige Wacken-Besucherin grüßt mit Pommesgabel (Foto: dpa)
Der Wacken-Gruß ist alterslosBild: picture-alliance/dpa

Zahlen: gigantisch.

Das Festivalgelände ist 250 Hektar groß. Auf dieser Fläche könnte man sechs Mal das komplette Münchener Oktoberfest aufbauen. Das "Infield", de Fläche vor den beiden gigantischen Hauptbühnen, ist 43.000 Quadratmeter groß, das entspricht vier Fußballfeldern. Umgeben ist das Gelände von 43 Kilometern Bauzaun. Die Stromleistung beträgt 12 Megawatt – das entspricht dem Bedarf einer Kleinstadt mit etwa 70.000 Einwohnern. Zum Vergleich: Das Dorf Wacken hat 1800 Einwohner.

Es gibt etwa 1600 Toiletten und Urinale, 100 Essensstände, 300 Getränkebuden. Zu den Biermengen, die getrunken werden haben die Veranstalter keine genauen Angaben. "Viel", heißt es lapidar. Insgesamt fallen 500 Tonnen Müll an. Der Aufbau der acht Bühnen dauert sieben Tage, in fünf Tagen wird alles wieder abgebaut. Um das ganze Festival zu stemmen, werden 5000 Mitarbeiter gebraucht, darunter allein 1300 Securities und Ordner. 200 Feuerwehrleute und 750 Sanitäter sind vor Ort, vier Notärzte sind rund um die Uhr in Bereitschaft.

Musik: laut.

Auf den Bühnen: fast 160 Bands, deren Musik natürlich zur Wacken-Tradition passt: "Faster, harder, louder". Alle Spielarten des Metal sind vertreten, aber auch Mittelalter-Folk-Rock oder Jazz-Metal. Traditionell wird das W:O:A von den Wacken Firefighters eröffnet. Es ist die Feuerwehrkapelle von Wacken, die bekannte Rocksongs covert. Immer wieder ein einmaliger Moment, wenn eine Blaskapelle eine wilde Meute Metaller zum Headbangen bringt. Der nächste musikalische Höhepunkt kommt bereits am ersten Festivaltag: Am Donnerstag geben sich Die Metal-Ikonen Iron Maiden die Ehre. Es ist das Finale ihrer Welttournee, die sie bereits durch 36 Länder geführt hat. Beim W:O:A werden sie zusammen mit 75.000 Fans das Infield zum Kochen bringen. Vorher können sich Fans des erdigen und in die Jahre gekommenden Hardrock noch an Saxon, Foreigner und Whitesnake erfreuen.

Konzert Iron Maiden - Sänger Bruce Dickinson (Foto: Vaclav Salek)
Iron Maidens Frontmann Bruce DickinsonBild: imago/CTK Photo

Am Freitag spielen unter anderem Bullett For My Valentine, Blind Guardian, Die Krupps und die botswanische Death-Metalband Overthrust, der die DW ein Bandporträt widmen wird. Samstag stehen neben den irischen Rockern von Therapy? auch Testament, Metal Church, Steel Panther und Twisted Sister auf der Bühne.

Der Wacken Metal Battle ist für 28 Newcomerbands aus der ganzen Welt ein potenzielles Sprungbrett. Die Endrunde des Wettbewerbs findet am 3. und 4. August statt, DW PopXport porträtiert die fünf Siegerbands.

Wacken 2015 Vesperia sind Sieger des Metal Nattle (Foto: Silke Wünsch)
Sieger des Metal Battle 2015 waren Vesperia aus KanadaBild: DW/S. Wünsch

Wetter: Mal sehen.

Und schließlich die allumfassende Frage vor jedem Wacken Open Air: Wie wird das Wetter? Werden 80.000 Menschen in der Sonne gebraten oder versinken alle im knietiefen Schlamm? Momentan (Stand 2. August) sieht es so aus, als gäbe es dieses Jahr kein Extrem; für die kommenden Tage sind wechselnde Bewölkung mit Schauern, aber auch ein paar Sonnenstrahlen angesagt. Die Temperaturen liegen knapp über 20 Grad Celsius.

Wacken Open Air 2015, Schuh steckt im Schlamm (Foto: Silke Wünsch)
Wacken 2015: Am letzten Festivaltag trocknet die Sonne langsam den SchlammBild: DW/S. Wünsch