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Serbien wählt

Sasa Bojic 21. Januar 2007

Was soll mit dem Kosovo passieren? Darum geht es hauptsächlich bei den Wahlen in Serbien. Seit einem Jahr verhandeln Serben und Albaner ohne Ergebnis über die Zukunft der Provinz, in der mehrheitlich Albaner leben.

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Kostunica (links) im WahlkampfBild: AP
Kosovo
Blick auf die Stadt Prizren im KosovoBild: picture-alliance/dpa

6,6 Millionen wahlberechtigte Serben haben am Sonntag (21.1.2007) die Wahl unter 20 politischen Parteien und Bündnissen. Die Europäische Union und die USA wünschen sich eine Regierung der Demokratischen Partei (DS) des Präsidenten Boris Tadic. Doch laut Umfragen kann die "Serbische Radikale Partei" (SRS), deren Chef Vojislav Seselj vor dem Haager UN-Tribunal wegen Kriegsverbrechen angeklagt ist, bis zu 30 Prozent der Stimmen erhalten und damit wieder stärkste Kraft werden.

Keine Koalitionsversprechen

Zwischen diesen zwei unversöhnlichen Lagern befindet sich die Demokratische Partei Serbiens (DSS) des Regierungchefs Vojislav Kostunica, die für beide als Wunschpartner für eine Koalition in Frage kommt. Kostunica ließ allerdings aus wahltaktischen Gründen offen, für wen er sich entscheiden will. In seinem Wahlkampf erinnerte er unermüdlich und mit viel nationalem Pathos daran, dass dank der Bemühungen seiner Partei die neue serbische Verfassung beschlossen wurde, in deren Präambel Kosovo als Teil Serbiens definiert ist: "Die Krone unserer Arbeit - was jeder Bürger dieses Landes genau weiß - ist die neue Verfassung des serbischen Staates", sagt Kostunica.

Hoffnung auf Russland

Wahlen in Serbien - SRS-Anhänger mit Flagge
Anhänger der ultra-nationalistischen Partei SRS mit einem Bild von SeseljBild: AP

Über die Tatsache, dass der Kosovo in der Tat seit Jahren nicht mehr unter Belgrads Hoheit steht, diskutiert Kostunica ungern. Stattdessen macht er sich große Hoffnungen, dass Russland im UN-Sicherheitsrat ein Veto gegen die Unabhängigkeit des Kosovos einlegen wird. Die ursprünglich für Ende 2006 geplante Entscheidung der internationalen Gemeinschaft über die Zukunft des Kosovos ist wegen der Wahlen in Serbien auf Anfang Februar verschoben.

Die Demokratische Partei (DS) mit dem Spitzenkandidaten Bozidar Djelic ließ deswegen im Wahlkampf die Kosovo-Frage bewusst im Hintergrund und versprach den Bürgern einen sozialen Staat, der auf zwei Säulen beruht. Eine Säule sei dabei eine schnelle wirtschaftliche Entwicklung, sagt der stellvertretende Parteichef Dragan Sutanovac "Und die andere stellt den Rahmen einer solidarischen Gesellschaft dar. Einer Gesellschaft, die sich um diejenigen kümmern kann, die im Marktwettbewerb nicht mithalten können".

Polemik aus dem Gefängnis

Boris Tadic
Boris TadicBild: AP

Die Radikale Partei machte im Wahlkampf alles andere als einen brillant vorbereiteten Eindruck. Dazu trug - aus der Gefängniszelle in Den Haag - auch der Parteichef Seselj mit seinem Hungerstreik und dem im Dezember veröffentlichten großserbischen politischen Testament maßgeblich bei. Seseljs darin beschriebene Ziele sind nur durch Krieg zu verwirklichen. Das ginge aber selbst seinen Parteimitgliedern heutzutage einfach zu weit. Deswegen wurde Seseljs Kampfansage relativiert und der Kampf für Großserbien in eine unbestimmte Zukunft verlegt.

Große Versprechungen

Die Radikalen präsentieren sich in diesem Wahlkampf lieber als Träger der sozialen Unzufriedenheit und versprechen den Kampf gegen Korruption und Arbeitslosigkeit: Bei diesen Themen gibt es freilich nichts mehr, was sie von den anderen unterscheiden könnte.

Die von Ex-Präsidenten Slobodan Milosevic gegründete Sozialistische Partei Serbiens (SPS) muss um den Einzug ins Parlament bangen: In manchen Umfragen kommt sie nicht über drei Prozent hinaus. Der neue - und erste nach Milosevic - Parteichef Ivica Dacic distanziert sich zwar von Milosevic, aber seine Wahlkampfargumente beinhalten meistens nur eine verwässerte Lehre des ehemaligen Diktators. "Wir sind Garant des Dayton-Abkommens. Wir können nicht ruhig zusehen, wie die Republika Srpska verschwindet, wie ihre Selbständigkeit abgeschafft wird, wie ein unitaristischer bosnischer Staat entsteht." Einerseits zerfalle Serbien, da gingen Montenegro und Kosovo in die Unabhängigkeit, und andererseits solle in Bosnien die Republika Srpska verschwinden - das, was durch das Dayton-Abkommen entstanden sei.

Hürde auf dem Weg ins Parlament

Kleinere demokratische Parteien, die laut Umfragen ins Parlament ziehen und die Bildung einer proeuropäischen Regierung ermöglichen könnten, sind auch das neu gegründete Bündnis um die Liberaldemokratische Partei von Cedomir Jovanovic, sowie die G-17 plus. Beide Gruppierungen betrachten Europa als einziges Ziel und Mittel, um alles andere zu erreichen.

Jovanovic, ein scharfer Kritiker des derzeitigen Regierungschefs Kostunica, wurde am Freitagabend fast Opfer eines Sprengstoffanschlags. Wie die Nachrichtenagentur Beta berichtete, hatten Unbekannte eine Sprengstoffladung, die per Fernsteuerung gezündet werden sollte, unter das Fahrzeug von Jovanovic montiert. Der Portier eines nahe gelegenen Restaurants habe die Ladung aber bemerkt und die Polizei benachrichtigt. Beamte hätten die Bombe entschärft. Die Hintergründe waren unklar.

Ausgeschlossen von der gesetzlichen Fünf-Prozent-Regelung sind die Parteien der Minderheiten, die - abhängig von der Wahlbeteiligung - eine bestimmte Anzahl von Stimmen erhalten müssen, um Fixmandate zu erringen. Auf diese Parteien können bis zu zehn der insgesamt 250 Sitze entfallen.