1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gibt es Hoffnung für Bosnien und Herzegowina?

2. Oktober 2010

Die Wähler in Bosnien-Herzegowina sollen über neue Parlamente und das Staatspräsidium abstimmen. Doch keine der Parteien hat ein Programm, um das Land aus der tiefen Krise zu führen, kritisieren Experten.

https://p.dw.com/p/POLJ
Logo: Wahlen in Bosnien-Herzegowina 2010
Das Logo der Wahlen

Vier Jahre hatte sie Zeit, doch in ihrer Legislaturperiode hat die aktuelle politische Staatsspitze in Bosnien und Herzegowina nichts gemacht - oder zumindest nicht viel, da sind sich viele Experten einig. Umgerechnet 13 Milliarden Euro standen der Staatskasse insgesamt zur Verfügung. "Aber die Verantwortlichen haben nichts unternommen, um das Leben der Bürger in den letzten vier Jahren zu verbessern," kritisiert die Wirtschaftsexpertin Svetlana Cenic.

Stimmzettel mit Wahlurne (Foto: dpa)
Wird sich etwas durch die Wahl ändern?Bild: dpa

Fast alle politischen Parteien haben zwar volle Wahlprogramme, in denen sie vieles versprechen, aber keine hat konkrete Antworten auf die eine wichtige Frage: Wie kann sich das Leben der Menschen im Lande verbessern. Unglaubwürdig sei auch, kritisiert Svetlana Cenic, dass die Politiker, die die Ausgaben in den vergangenen vier Jahren erhöht haben, genau jetzt sparen wollen.

Schwere Krise

Kurz vor den Wahlen verbreiten die Parteien nicht viel Optimismus: Keine verspricht, Bosnien-Herzegowina aus der Krise zu führen. Allerdings wollen sich alle für die Senkung der Arbeitslosigkeit einsetzen und Sport und Kulturverbände mehr unterstützen. Auch Svetlana Cenic ist pessimistisch: "Ich sehe keinen Ausweg aus dieser Krise. Ich glaube auch nicht, dass irgendjemand die Verantwortung für das Haushaltdefizit, das bereits seit 2007 besteht, übernehmen wird." Das Defizit habe nichts mit der globalen Krise zu tun, ist sich Cenic sicher. Allein die jetzige Regierung habe die Staatsschulden um 40 Prozent erhöht.

Kompliziertes Verwaltungsgeflecht

Der Staat Bosnien-Herzegowina besteht seit dem Abkommen von Dayton 1995 aus zwei weitgehend autonomen Entitäten, der Republika Srpska und der Föderation Bosnien und Herzegowina. Deshalb sind die Ausgaben für den Verwaltungsapparat des kleinen Staates mit seinen etwa 4,5 Millionen Einwohnern, die den drei Volksgruppen Bosniaken, Serben und Kroaten zugeordnet werden, enorm. Sie drohen die Wirtschaft zu ersticken.

Studenten in einem Hörsaal (Foto: DW)
Alle wollen einen Job nach dem Studium, doch wenige haben eine ChanceBild: DW

Doch die Verfassung macht es unmöglich, die notwendigen Reformen umzusetzen. Beide Teilrepubliken haben ein sogenanntes Entitätsveto und ein Veto zur Wahrung der Interessen einer der drei Volksgruppen. Damit kann alles blockiert werden. Und beide Staaten machen oft davon Gebrauch.

Politik bietet keine Lösung

Eldar Dizdarevic, Professor und Wirtschaftsexperte, ist pragmatisch und sieht durchaus Lösungsmöglichkeiten. "Beispielsweise solte man gezielt, schrittweise die öffentlichen Ausgaben drastisch senken. Danach sollte man die Gehälter derjenigen, die an der Macht sind, kürzen. Eine Erhöhung sollte außerdem für die nächsten sieben Jahren verboten werden."

Sparen aber wie?

Die Situation ist so ernst, dass es fraglich ist, ob das Land ohne die Hilfe des Internationalen Währungsfonds überhaupt die Gehälter und Renten an die bosnisch-herzegowinische Bevölkerung auszahlen könnte. "Zu viele Angestellte in der Verwaltung sind vor allem in der Föderation Bosnien-Herzegowina ein Problem", sagt der Wirtschaftsexperte Vujo Vukmarica. "Diese Gehälter können definitiv nicht aus dem Haushalt finanziert werden."

Der Abbau des Verwaltungsaparates, des Haushaltdefizits und die Rückzahlung der Kredite sind nur einige Aufgaben, die die künftige Staatsspitze lösen muss. Viele Untersuchungen zeigen, dass die jetzige Regierung das Land in eine noch schlechtere wirtschaftliche Lage gebracht hat. Die Umfragen sagen aber auch voraus, dass sich politisch trotzdem nicht viel ändern wird.

Autor: Dragan Maksimovic/ Belma Fazlagic
Redaktion: Nicole Scherschun