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Wahlen um jeden Preis

Daniel Scheschkewitz, Washington DC12. Januar 2005

Die USA wiegeln Bedenken zum Wahltermin im Irak Ende Januar ab. Die Übergangsregierung in Bagdad will das sowieso alleine entscheiden. Im US-Kongress soll zunehmend über einen Rückzug nachgedacht werden.

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Der Wahlkampf hat begonnenBild: AP

Der irakische Übergangspremier Ijad Allawi gehört zu den entschiedensten Verfechtern des Wahltermins am 30. Januar. Am Dienstag (11.1.) musste aber auch er einräumen, dass die Sicherheitslage im Irak wahrscheinlich nicht in allen Landesteilen einen Urnengang möglich machen werde. In Washington hört man das nicht gerne und Präsident George W. Bush griff sofort zum Telefon, um sicherzustellen, dass es bei dem vorgesehenen Wahltermin bleibt. Sein für den Irak zuständiger General, John Abizaid, sagte im Rundfunksender NPR: "Unserer Ansicht nach ist es besser, Wahlen selbst dann abzuhalten, wenn sie wie in Afghanistan oder in El Salvador unter schwierigen Bedingungen stattfinden müssen anstatt sie zu verschieben."

Für die Militärs und die Regierung von US-Präsident Bush markiert der Wahltermin eine Zäsur. Eine halbwegs erfolgreiche Wahl würde ihre Strategie von einer schrittweisen Übertragung der Souveränität zumindest teilweise als erfolgreich erscheinen lassen. Sie wäre ein Rückschlag für die Extremisten im Land und könnte den Abzug von US-Truppenteilen beschleunigen helfen.

Neue Irak-Strategie in Aussicht?

Jeden Monat kostet der Einsatz von US-Soldaten im Irak den amerikanischen Steuerzahlern rund 4,5 Milliarden Dollar. Und die Zeitung "New York Times" wusste Anfang Januar zu berichten, dass unter Kongress-Abgeordneten die Bereitschaft wachse, über einen geordneten Rückzug aus dem Land zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris nachzudenken. Und selbst im Pentagon zeigt man sich für eine Änderung der Irak-Strategie offen. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld beorderte den ehemaligen Vier-Sterne-General Gary Luck nun in den Irak, um eine eher unübliche Überprüfung der eigenen Militärstrategie zu machen.

Doch als darin ein Beleg für die Vorbereitung einer Kurswende oder gar für Rückzugspläne gesehen wurden, wiegelte Rumsfeld am Dienstag (11.1.) ab: "Ich lese alles Mögliche über die Mission von Gary Luck. Wir nehmen doch seit Beginn unseres Irakeinsatzes ständig Lage-Einschätzungen vor. Was da spekuliert wird, geht völlig an der Realität vorbei."

Noch ein Dementi

Rumsfeld dementierte auch einen Bericht des US-Magazins "Newsweek", wonach es Teil der neuen Sicherheitsstrategie sei, so genannte Todes-Schwadronen unter den Schiiten und Kurden auszubilden, die islamistische Kämpfer und Anhänger des alten Regimes auch jenseits der Grenzen des Irak - etwa in Syrien - aufgreifen und töten sollen. "Newsweek" hatte berichtet, man wolle damit dem Beispiel Ronald Reagans folgen, der in den 1980er-Jahren insgeheim ein solches Vorgehen für El Salvador angeordnet hatte, wo die von den USA unterstütze Regierung den Kampf gegen die Rebellen zu verlieren drohte.

Wie immer die neue Irak-Strategie der USA aussehen mag, gegenwärtig gilt die Devise "Wahlen um jeden Preis", auch wenn Experten wie der frühere Präsidentenberater Brent Scowcroft es durchaus für möglich halten, dass die Wahl den Konflikt zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen im Irak noch verschärfen könnte - bis hin zu einem Bürgerkrieg.

Eigenständige Übergangsregierung

Die letzte Entscheidung darüber, ob die Wahlen wie geplant am 30. Januar stattfinden, behält sich trotz US-amerikanischen Drucks die irakische Übergangsregierung selbst vor. Ihr Vertreter bei den Vereinten Nationen in New York, Faisal El Istrabani, ließ daran am Dienstag keinerlei Zweifel: "Niemand hat das Recht oder die Autorität gegen eine Entscheidung der souveränen Regierung des Irak sein Veto einzulegen. Ob sie nun lautet, dass die Wahl stattfindet, oder aber ob sie verschoben wird. Dies liegt ausschließlich in der Verantwortung der irakischen Regierung."