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Wahlkampf ohne nationale Töne

5. Juli 2002

- Anders als in Tschechien geht es in der Slowakei ohne nationalistische Parolen

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Prag, 3.7.2002, PRAGER ZEITUNG, deutsch, Uwe Müller

Auch die Slowakei steht im Wahlkampf. Dort wird Ende September ein neues Parlament bestimmt und Volkes Stimme entscheidet, ob das Land EU- und NATO kompatible Politiker an der Spitze haben wird. Nun könnte man vermuten, dass ähnlich wie anderenorts populistische und nationale Töne angeschlagen werden. Denn im Ringen um jede Stimme war und ist - egal ob in Ungarn, in Tschechien oder aktuell in Deutschland - fast jedes Mittel recht.

Nun höre man und staune: Die slowakischen Politiker - bis auf Ausnahmen - sparen diese Art Wahlkampf aus. Jüngstes Beispiel: Die Regierung von Premier Dzurinda holt die sterbliche Hülle des vor 58 Jahren im Exil verstorbenen slowakischen Politikers der ersten Tschechoslowakischen Republik, Milan Hodza, zurück in die Heimat. Das damit ein Wunsch des letzten demokratischen Ministerpräsidenten der Zwischenkriegstschechoslowakei erfüllt wurde, ist lediglich ein Nebeneffekt.

Weitaus wichtiger scheint doch der Symbolgehalt der Geste: Hodza war schon in der Monarchie Vordenker einer föderalistischen Neugestaltung des angeschlagenen Staatsgebildes. Der Idee einer mitteleuropäischen Zusammenarbeit blieb der Slowake auch in der 1918 gegründeten Tschechoslowakei treu und verfolgte deren Umsetzung gegen die Politik des Außenministers und späteren zweiten Präsidenten Benes.

Nun bekennt sich Dzurinda zu dieser Idee, geht gegen nationalistische Dunkelmänner, die gewiss noch die ungarische Karte im Wahlkampf ziehen werden, in die Offensive. Dass es der Politiker mit dieser Konzeption ernst meint, belegen die verbesserten Beziehungen zu Tschechien sowie die vorbehaltlose Kooperationsbereitschaft der Slowaken im Rahmen der Visegrad-Gruppe.

Slowakische Politiker als Vorbild für gestandene Demokraten in Tschechien oder Deutschland? Gewiss! Beispiele gibt es leider genug: So teilt der designierte tschechische Regierungschef in einem Interview österreichischen Politikern mit, es gäbe keinen Dialogbedarf zu den Benes-Dekreten. Oder: In Berlin diskutieren Unions-Politiker über die Dekrete, ohne tschechische Gesprächspartner einzuladen. Gut, Deutschland steht im Wahlkampf. Aber die Slowakei auch. (ykk)