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Wahlkampf statt Uni

21. September 2009

Politikverdrossenheit? Ein Fremdwort für Mitglieder der Nachwuchsorganisationen der politischen Parteien. Sie stecken voll im Wahlkampf für die Bundestagswahl. Die NRW-Jusos haben extra einen "Bulli" auf Tour geschickt.

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Wahlkampf Bundestagswahl 2009: SPD-Lollies (Foto: Olga Sosnytska)
Rote Lollies: Der Bulli ist voller WahlkampfutensilienBild: DW

Es wirkt wie eine Szene aus einem Roadmovie: Ein milder Nachmittag im Spätsommer, staufreie Straße, ein junger Mann mit Vollbart, der entspannt seinen Bulli lenkt. Allerdings rollt der bunt bemalte Kleinbus nicht über den amerikanischen Highway, sondern auf einer nordrhein-westfälischen Autobahn. Es ist die "fahrende Wahlkampfzentrale" der NRW-Jusos, der Jugendorganisation der SPD. Oberhausen, Köln, Aachen, Mönchengladbach, Münster, Duisburg, Essen und noch einige Städte mehr – das waren die Fahrtziele alleine in einer Woche. "Manchmal sind es so viele Städte, dass man sie hinterher gar nicht mehr auf dem Schirm hat", gesteht der Bulli-Fahrer Veith Lemmen.

Der vagabundierende Politikstudent

Veith Lemmen, Landeskoordinator der Juso-Hochschulgruppen NRW, im Wahlkampfbus (Foto: Olga Sosnytska)
On the road: Politikstudent Veith Lemmen im Juso-MobilBild: DW

Normalerweise studiert Veith Lemmen Politikwissenschaft, Soziologie und Geschichte an der Uni Münster. Doch in diesem Sommer hat das 25-jährige Juso- und SPD-Mitglied sein Studium bewusst auf Eis gelegt. Der Grund dafür ist das Superwahljahr 2009 und der damit verbundene geballte Wahlkampf. Veith ist bereits seit April im Kleinbus unterwegs und macht die Wahlkampagne für seine Partei, die Sozialdemokraten. Zunächst setzte er sich für die Europawahl ein, dann für die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen, und nun steuert er mit seinem Auto auf die Bundestagswahl zu.

Das Juso-Mobil ist voll bepackt mit diversen Wahlkampfutensilien. Angefangen bei klassischen Fahnen, Bannern, Flyern und Kulis bis hin zu Planschbecken, Kondomen und Wasser-Eis – nichts darf im Juso-Mobil fehlen. Veith bringt die Sachen seinen jungen Parteigenossen vor Ort und gibt ihnen Tipps, wie sie mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen können. Für ihn persönlich heißt es manchmal zwei bis drei Termine am Tag. So wird er bis zum Wahltag am 27. September rund 30.000 Kilometer zurückgelegt haben.

Wahlkampf in den Semesterferien

"Andere Leute haben vielleicht gerade Ferien, aber ich bereue es überhaupt nicht. Ich komme überall herum in NRW. Das ist im Prinzip wie eine Städtetour, wie ein Kurzurlaub, nur mit Arbeit zwischendurch", argumentiert Veith und lächelt verschmitzt. Außerdem sind die praktischen Erfahrungen mit der Politik, die er gerade sammelt, eine zusätzliche Motivation für den engagierten Studenten.

Kölner Jusos bauen den Wahlkampfstand auf (Foto: Olga Sosnytska)
Rote T-Shirts: Die Kölner JusosBild: DW

Inzwischen erreicht die fahrende Wahlkampfzentrale ihr nächstes Ziel – ein Jugendzentrum in Köln. Hier warten schon drei andere Jungsozialisten. Wie Veith tragen alle rote T-Shirts, die Farbe der SPD. Der Bulli-Fahrer verspricht strahlend das "Wunschlos-Glücklich-Programm" und öffnet mit sicherem Griff die Tür seines Wagens. Zu viert gehen die Jusos gekonnt an die Arbeit. Die Sachen werden im Handumdrehen ausgeladen und aufgebaut.

Das Leben danach: Raus aus dem Bulli, rein in die Uni

"Ich bin immer unter Zeitdruck und ein bisschen gehetzt, weil immer noch viele andere Termine zu erledigen sind", sagt Veith Lemmen. In das Navigationsgerät gibt er sein nächstes Ziel ein, um zu wissen, wann er spätestens schon wieder los fahren muss.

Fast ein halbes Jahr war er auf Achse. Mit der baldigen Bundestagswahl geht für den engagierten Juso auch seine Wahlkampf-Odyssee zu Ende. Seine Pläne für die Zeit nach dem Wahlkampf stehen schon fest: "Auf jeden Fall zunächst ausspannen, mich zurücklehnen, durchatmen, das Ganze noch mal Revue passieren lassen, vielleicht noch etwas dazu aufschreiben", erzählt Veith. Für die Ruhe hat er jedoch nur wenige Tage, denn im Oktober beginnt schon das Wintersemester an der Uni. Und dann müsse er mal wieder reinklotzen, sagt er, diesmal aber in das Studium.


Autorin: Olga Sosnytska
Redaktion: Gaby Reucher